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Tischgespräche

03.04.07 @ 18:42

Warum essen Sie (auswärts)?

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Der Nachruf zur Katze beinhaltete neben dem Dank auch eine nicht unwesentliche Feststellung: warum Menschen dorthin essen gingen. Bei einigen der Auf- und Erregungen zu besonderen Kochmethoden wollte ich schon einhaken: was immer zu einem „fortgeschrittenen” Kochmodus an auch begründeter Kritik anzubringen sein mag, es geht ja beim Besuch derartiger Lokale nicht um das „normale” Essen, sondern vor allem auch den Erlebniswert, das Andere, das Besondere. Während im Wirtshaus zwar vielleicht auch die bessere Fledermaus (oder überhaupt d i e Fledermaus, d a s Paprikahendl und was sonst noch verschwunden ist von den Karten) gesucht werden mag, vor allem aber ist es die Zugehörigkeit.

Die mit einem Kochstil verbundene Frage kann also nicht sein „derf der des?”, sondern: „Warum schau ich mir das an?” Warum schaut sich das irgendjemand an? Warum schauen Sie sich wann was an? Warum gehen Sie essen? Um auswärts daheim zu sein? Um ihre Geschmackserkennungsmöglichkeiten zu erweitern?

Ich, fragen Sie? Sowohl als auch. Am liebsten: Geschmackserlebnisse plus Heimeligkeit. Die immer wieder anders aussehen darf.

47 Kommentare | Kommentar abgeben

piccolina, 04.04.07 @ 20:14

Essen gehen ist...
Wandertag für die Seele, Ferien vom Ich! Kein Grübeln: "Was koch' ich heute oder morgen?", kein Einkaufen und keine Schlepperei... und dann die himmlische Qual der Wahl. Exotische Schmetterlinge oder Vertautes? Am schönsten ist es, wenn man das Restaurant schon gut kennt, der Besitzer kommt und einen begrüßt, da fühlt man sich fast wie zu Hause, nur ohne die eigene Küche.
Als zwangseverdonnerte Kochfrau (Köchin wäre zu anmaßend in diesem erlauchten Kreis)ist das Ausgehen ein Sonderurlaub, den ich schamlos genieße! Als ich Kind war, war Essen gehen der reiste Straferlass für mich, da meine Mutter nicht kochen konnte. Die liebe, runde und von mir so geliebte Köchin hat mir oft noch ein Würstel extra gebracht, weil sie meinte, dass ich zu dünn sei. Das war der Beginn meiner Verehrung für Köche und Köchinnen, da sie in meinem Fall mein Überleben gesichert haben.

PICCOLO, 04.04.07 @ 19:21

@russel..
Einmalig, berührend befriedigende Gründe.

TomCool, 04.04.07 @ 18:30

Aus
gehe ich dann, wenn ich zu müde bin zum selber kochen oder wenn von anderer Seite spannende Aktivitäten angesagt sind.

Russell, 04.04.07 @ 18:01

seelische Luftveränderung ist Luxus
Warum man ausgeht?

Die vielen Gründe, die dazu führen, würde ich mit seelischer Luftveränderung bezeichnen.

Als kleines Kind war für mich das Einkehren in einem Rasthaus bereits "ausgehen", wenn nur ein Coca Cola konsumiert wurde. es war etwas Besonderes, dass es teurer war als im Spar um die Ecke, dass man für die Bedienung zahlte.
Als Halbwüchsiger war auch der Döblinger Heurige, in den wir nach drei Stunden Wanderung einkehrten, etwas Besonderes, obwohl in den meisten Fällen die mitgebrachten Schnitzelsemmeln verzehrt wurden.
Mein erstes Geschäftsessen erlebte ich als Zehnjähriger. Ich durfte auf eine Dienstreise mit meinem Vater mitfahren und an einem Abend waren wir eingeladen. Das Ambiente war das Nobelste, was ich bis dato kannte.
Prägend für das Ausgehen, war aber der Luxus, den sich meine Eltern gönnten, wenn wir in einem Konzert waren. Nach einem Konzert wurde fast immer ein Restaurant besucht. Ich habe keine Erklärung dafür, wieso gerade der Konzertbesuch als Entschuldigung dienen konnte, sich einen für damalige Verhältnisse wirklichen Luxus zu gönnen. Der bedingte Reflex wurde damit aber in mir erzeugt.
Oper, Konzert, Theater waren mit Restaurantbesuch verbunden. Das blieb so in der Zeit als Teenager, als ich meine Dates hatte. Es blieb auch später so, es blieb so bis heute.
Solange das Restaurant existierte, war "der Falstaff" vis-a-vis von der Volksoper die Standardwahl. Es ging hier also nicht so sehr um Abwechslung. Später wurden dann die gutbürgerlichen Restaurants durchbesucht.
Ich glaube, dass das Bedientwerden ein bisschen half, den Glanz und Luxus eines Rosenkavaliers oder einer Hochzeit des Figaro in das eigene private Leben zu verlängern.
Ein gewisser Snobismus läßt mich an einen Restaurantbesuch erlesenster Art in der Zeit erinnern. Für den einen musste ich vielleicht 20 Nachhilfestunden geben. Er war spontan. Ich kannte den Platz nicht. Es war der Franziskaner. Ein perfekteres Ausgehgefühl, ich war damals kurz verheiratet, habe ich nie mehr erlebt. Obwohl ich später vielleicht perfektere Lokationen und exquisitere Gerichte kennengelernt habe, war es das Erlebnis des besonderen ersten Mals.
Seither hat sich das Speisen in Restaurants in eine ganz andere Richtung entwickelt. So gut können die Speisen nicht sein, dass nicht irgendwann jede Speisekarte in ihrer Attraktivität erschöpft ist. Manchmal beneide ich diejenigen Freunde, die überall fragen, ob sie nicht ein Cordon Bleu bekommen könnten. Die Vielzahl der oftmaligen Geschäftsessen läßt den Ort und die Wahl zum Utensil eines geplanten Ergebnisses werden. Ob eine Frau oder ein Geschäftspartner "verführt" werden soll, ist fast schon Nebensächlichkeit.
Die Wahl eines erlesenen Restaurants versucht beim Geschäftspartner den Eindruck zu erwecken, als wäre die Güte des Ortes meiner eiAgenen Werthaltigkeit gleichzusetzen.
Nach einer gewissen Zeit der Übersättigung tritt die Überlegung auf, dass man aus den Geschäftsessen ja auch beim Essen einen Gewinn ziehen sollte. Man möchte entweder etwas besonderes Neues kosten oder man freut sich auf die immer seltener werdende alte Beislküche, Speisen ala Oma sozusagen. Oder man versucht, die besondere Qualität zu entdecken, eine Ehrlichkeit in der Küche.
Die Neugier auf das Neue kann einen neuen Impuls zum Besuchen und Erforschen neuer Lokalitäten bewirken, der noch lustvoll gesteigert werden kann, wenn ein geeigneter Partner mit von der Partie ist.
Ich gehe gerne aus, wenn ich Appetit habe aber allein bin. Ich koche ungern für mich allein. Es hängt ganz von der Stimmung ab, ob es dann nur ein Lokal mit weißen Tischtüchern tut oder eine Beisleinrichtung mit Alterspatina. Ich zehre von den guten Erinnerungen, die ich in allen möglichen Plätzen gemacht habe.
Es gibt Plätze, an denen ich mich unwohl fühle. Das ersehe ich aber schon an der Speisekarte, die außen hängt und dem ersten Eindruck. Die Anzahl der frustrierenden Auswärtsessen liegt unterhalb der Promillegrenze.

Worin besteht aber nun die seelische Luftveränderung wirklich? Woanders als zu Hause oder bei Freunden essen, (was ja auch auswärts bedeuten würde) bedeutet für mich noch immer Luxus. Sehr oft konnte ich den auf Geschäftsspesen genießen, doch bin ich auch bereit, selbst dafür zu zahlen. Es gibt Zeiten, da ertappe ich mich dabei, dass ich denke, was man mit dem Geld wohl anderes anfangen könnte, doch verdränge ich die ganz schnell. Ich halte einen gewissen Hedonismus für genauso wichtig, um einen Menschen abzurunden, wie andere Eigenschaften, die allgemein als "gute" Eigenschaften angesehen werden.
Daher stehe ich zu meinem Luxus.

karlheinz, 04.04.07 @ 14:57

auswärts...
... isst man hauptsächlich, so e. kishon, um unbekümmert das tischtuch bekleckern zu können, da man es ja nicht selbst waschen müsse.

ein weiterer punkt meiner auswärts-aktivitäten ist auch der vergleich der kochstile - ich esse dann in versch. lokalen ähnliche gericht um deren geschmackliche breite zu erfahren.
und - da gibt's schöne unterschiede! macht spaß!

wenn mir ein koch, quasi als "privatissimum", was herstellt, das er schon allein wegen des kundenfrequenz-küchenpersonal - verhältnisses nicht täglich macht, fühle ich mich bauchbepinselt und betreibe, so gesehen, eating out auch als egodoping. ich geb's eh zu.

letztendlich: warum fährt man auf urlaub, wenn man's daheim doch schön hat? fühlte man sich für sein persönliches umfeld verantwortlich, wär's ja auch eine kompetenzflucht. und somit noch immer billiger als supervisions - einheiten.

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