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Christoph Wagner's Weblog

17.02.04 @ 15:32

Kümmelbraten vom Waller, Huhn auf Junghasenart

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Christian Domschitz, Küchenchef des Mörwald im Ambassador in Wien und sicher einer der einfallsreichsten unter Wiens Spitzenköchen, ist ein Meister der kulinarischen Metamorphose. Schon aus seiner Zeit bei Walter Bauer kennen wir das „Szegediner vom Hummer". Gestern hat er mich unter anderem mit einer Luxusvariante von der „Brettljaus´n" (mit geräuchertem Butterfisch, Dijonsenf und Wasabikren) und einem Kümmelbraten vom Waller überrascht, der in Sachen Kruste jeden noch so frisch aus dem Ofen gezogenen Heurigen-Kümmelbraten weit in den Schatten stellte. (Der Trick dabei, verriet mir Domschitz, ist, den geschröpften und kräftig mit Kümmel gewürzten Waller ganz langsam an der Haut zu braren, bis sie cross ist, was sie allerdings nur wird, wenn man einen Waller verwendet, der nicht unter 4 kg wiegt.)

Die Disziplin der Metamorphose beherrschten vor Domschitz allerdings auch schon die alten Römer, in deren Spitzenküchen sogar das Gebot galt: Ein Koch, der nicht in der Lage ist, ein Rohprodukt so zu verändern, dass es keiner mehr als solches erkennt, der sollte vom Kochen die Finger lassen. (Von einem römischen Kaiser – soweit ich mich erinnere, war es Tiberius – wird sogar erzählt, dass er Köche, deren Umwandlungstricks er einmal zu oft durchschaute, hinrichten ließ.

In dieem Zusammehang: Mein Vater hat vor en paar Wochen in einem Linzer Antiquariat ein uraltes handgeschriebenes Kochbuch aus dem Jahr 1780 gefunden, das der wackere Mann gerade für mich aus dem Unleserlichen (Kurrent) transkribiert. Ein Rezept, das „Huhn auf Junghasenart", möchte ich den Freunden kulinarischer Grenzgängerei nicht vorenthalten:

„Nimm ein schönes großes fleischiges Huhn, bereit einen Essig und gemischtes Gewürz - lasse es untereinander sieden, gieß es dem lebenden Huhn durch einen Trichter in den Hals, geschwind mit einem Spagat zugebunden, damit sie tot wird – fange an bei den Füßen und ziehe die Haut ab wie denen Hasen, schneide sie auf, nimm das Eingeweide heraus, das Blut aber lasse in ein Häferl mit wenig Essig rinnen und aufbewahren; schneide es durch die Rippen auf, biege das Brüsterl vorne damit sie herauskommen wie die Haserl — zweimal gespült und Flügel und Füß bei den ersten Glied weggeschnitten, nimm kleine gestoßene Kranawittenbeeren und Kümmel, salze sie und mit diesem bestreut, mache eine gute Baiz und richte das Huhn in einem Weidling, gieße es siedend darüber und zugedeckt. Spicke es schön zierlich wie die jungen Haserl , gebraten mit Butter und Milchreim begossen, dass sie schön gelb werden. Richt unterdessen das aufbewahrte Blut, rühr es in einem Häfen ab, nimm guten Milchreim, schwarzes geriebenes Brot in Butter geröstet und Zitronensaft, ein wenig Rindsuppe und gut gewürzt richte den Hasen schön zierlich auf eine Schüssel, die braune Sauce darunter, streue kleingeschnittene Lemonischalen darauf, laß es ein wenig aufdünsten, gib auf (die) Tafel den Schüsselrand mit grünem Petersil belegt.

Ob Kaiser Tiberius diesen Trick aus Uromas Voodoo-Küche wirklich durchschaut hätte? - Ich weiß es nicht. Meine Schuldgefühle gegenüber meinem Freund Hansi (s. gestrige Eintragung) habe ich allerdings jetzt fast schon überwunden.

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