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Christoph Wagner's Weblog

16.12.05 @ 00:51

Genug der Hauben

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So wichtig sind sie auch wieder nicht. Viel wichtiger ist, dass die gastronomische Grundversorgung funktioniert. Habe gerade eine längere Tour ”rund um Wien” hinter mir und bekam einen wunderschönen, halb gebratenen, halb geschmorten Fasan beim Goldenen Bründl in Oberrohrbach, ein saftiges Wildschweinkotelett beim „Grünen Baum” in Zistersdorf, eine wunderbare hausgemachte Blunzen und Leberwurst bei der „Linde” in Mistelbach, eine saftig-sündige Kardinalschnitte beim „Neunläuf” in Hobersdorf, ein gar deliziöses Schulterscherzerl in Gruber´s Wirtshaus in Stockerau (überhaupt ein Geheimtipp), einen saftig-pikanten Waller beim „Kaiser Probus” in Prellenkirchen, ein phantastisches Krenfleisch (nebst Erdäpfelsuppe) beim Grasl in Felixdorf, einen ausdrucksstarken Ochsenschwanz im Leisserhof in Donnerskirchen, eine hervorragende Kuttelsuppe beim Apfelwirt in Miesenbach, einen idealtypischen gebackenen Kalbskopf bei den „Zwei Linden” in Hohenau und ein mollig-zartes gefülltes Kaninchen beim Kalteis in Kirchberg an der Pielach.

Durchwegs sympathische Wirtshäuser, durchwegs nette Leut´ und durchwegs eine überraschende, mitunter sogar überraschend hohe Weinkultur.

Sage niemand, es sei schlecht essen heutzutage, rund um Wien.

28 Kommentare | Kommentar abgeben

Minimalist, 22.12.05 @ 12:48

Von Mäusen und Menschen
piccolo, in unserer Beziehung bin ich -meist- das Mausi.

mykologe, 21.12.05 @ 23:40

@pikkolo
..zwei drei pikkolos in der Birne und schon.... Ist der Faden gerissen?? ,-)

PICCOLO, 21.12.05 @ 16:16

russell
Das ist etwas festgelegte, starrendes. Das ebenfalls. Daraus entsteht jetzt ein Begriff des >liquiden> wenn es um das Essen geht. Man kann es für sich anwenden, anderen vorzubestimmen, etwas sei idealtypisch ist ungenau und kommt den zusammengepappten Worten weniger gerecht. Denk ich mir so im Kopf ganz durchgebeutelt... Idealisten´sind auch problematisch.

Russell, 21.12.05 @ 15:08

Fortsetzung ...
Im Internet finden sich übrigens unzählige Referenzen auf die Verwendung des Wortes. Doch was soll man über Worte streiten? Entweder man scheitert bereits am ersten Wort wie Faust bei der Übersetzung der Bibel oder man versteht die Welt nicht mehr, wenn deutsche Industrienormer die Null zu den natürlichen Zahlen rechnen, was sich mit einer linguistischen Semantik noch weniger verträgt als mit der mathematischen Heuristik.
-
So! Ausreichend kompliziert?

Russell, 21.12.05 @ 15:06

idealtypisch - aufgewärmt
Ich selber mag das Wort ja nicht, es hat etwas Oxymoronisches für mich an sich.
-
Der Fairness halber zitiere ich aber hier einen Eintrag aus LEO (link everything online, Uni-München), der sich mit dem Begriff beschäftigt.
-
>>
Idealtyp /idealtypisch (de) [sociol.]
Example:
Suche nach adaquater Übersetzung für den von Max Weber entwickelten Begriff, der ein ''reines'' vereinfachtes, abstraktes, pragmatisch definiertes Abbild beobachteter Fälle beschreibt (im Gegensatz zum Realtyp, der die reale Mischung aus verschiedenen idealtypischen Komponenten beschreibt).
-
idealtypisch meint also etwas spezifisches beispielhaftes and dem etwas modellhaft rein, klar und deutlich hervortritt.
-
Sarah Zalfem sarah.zalfen@iue.it Mon Nov 7 12:35:59 2005

mykologe, 21.12.05 @ 00:40

Nett, ned so a Gfrett....
..in diesen Gasthäusern, kein Etepetete von dem man nichts hat, kein nerviges Personal das bestrebt ist alles "richtig" zu machen. Das ist die Zukunft des "auswärts" Essen, man merkt auch dort wo es preislich stimmt und schmeckt ist immer was los. Keine großem Kreditrahmen merkt amn sofort an der Ausstattung. Man sucht dort nicht klare Tomatensuppe usw.
Ich füge zwei drei sehr gute Lokalitäten zur Liste dazu:
Gasthaus Volksheim Bad Vöslau
Schimanszky Berndorf
Gasthaus Kraus Vösendorf
Wenn man von gebackenen Tintenfischen und eingem Krimskrams absieht ist mir auch das Gasthaus Kühmayer in Breitenfurt sehr angenehm. Gute Metzgerei dabei.

PICCOLO, 19.12.05 @ 22:29

@minimalist-freu freu..
Kompliment und Diener!..du bist ein ganz "idealtypischer" Zungenlump..! Lauter fein herausgeputzte Delikatessen vernaschen und ??wo war Mausi??

Minimalist, 19.12.05 @ 19:22

ideal? typisch?
ich muss hier, weil für ein anonymes Haus mit anaonymem Koch (ein ausdrücklicher Wunsch) gibt es keine "Tratschecke".
Ich habe mich 4 Tage bei "profiler" eingenistet. Insgesamt 20 Gerichte gegessen. In einem wahrlich GAST-FREUNDLICHEN, wenn auch vielgästigem, "Haus" (ausserhalb der 80 km Zone).
Ein Highlight in meinem gesamten Essleben.
Beinahe alle Gerichte kamen meinem Ideal ganz nahe. Die meisten davon, weil sie nicht typisch sind.
Als Platzhalter: die Suppen.
1. Tag: eine schneeweisse Bohnen(creme)suppe (mit einer auf den Glaspunkt gebrachen in "sanften" Speck gehüllten Jakobsmuschel). Die beste Bohensuppe meines Lebens.
2. Tag: Eine glas-klare Tomatensuppe mit hauchzarten Pestoravioli. Durchsichtig und trotzdem geschmacks-strotzend.
3. Tag: eine sattgrüne Brunenkresse(creme)suppe. Dazu extra, 2 auf hauchzarten Crostinis gelagerte "Kügelchen" vom Tatar von der Räucherforelle. Eines meiner seltenen 20 Punktegerchte (meine Entscheidung wann ich Suppe und Forelle am Gaumen verheiraten wollte)
4. Tag: eine klassische, "rote" französische Fischsuppe (mit Steinbutt, St Petersfisch, Dorade und Scampi)
Und dazu noch 3 Eckpfeiler:
Ein Kalbskopf in eine 1mm Weissbrotscheibe eingewickelt und in Butterschmalz gebacken. Der Nachteil. Wie soll ich nach diesem Gericht jemals wieder einen "typisch gebackenen Kalbskopf" essen?
Ein butterzartes Filet mit einem Petersilienpüree und einer ganz leichten hellen Sauce. Raffiniert in seiner "Einfachheit" (aber mit "versteckten" Zutaten). 20 Punkte.
Ein Kakao-Sorbet, von einer Feinheit und Prägnaz gleichzeitig, wie ich auch in Paris noch nie gegessen habe.
Und dazwischen? Keine einzige auch nur winzige Enttäuschung.
Bisher vergleiche ich beim Essen häufig: wie hätte Gordon Ramsay das gemacht? Künftig sicher "wie hätte profiler das gemacht?".
Zur Klarheit: alles unter "klare Rechnung, gute Freunde".
Ich verbeuge mich tief vor "Speising". Ich hätte das niemals selbst entdeckt.

Minimalist, 19.12.05 @ 18:21

@tastatour
Spät: "Experten und ....". Das kokette "Sumpfdulle" übergehe ich jetzt einfach, aber an dieser Frage hat sich mein Gehirn so verschluckt, dass ich meinen -sonst viel zu rasch gezogenen- Meinungsrevolver nicht aus dem Halfter gebracht habe.
Und dann ist mir eine persönliche Diskussion mit dem Science Fictionautor Herbert W. Franke ("Ypsilon Minus",...) eingefallen:
'Können 100 "Amateurpiloten", mit 100 Steuerknüppeln ausgestattet, ein Raumschiff so zum fernen Planeten steuern und dort sanft landen, wie ein/zwei Raumschiffprofi(s)?'
Wir glaubten damals übereinstimmend, im Prinzip JA.
Aber was passiert, wenn das Schiff durch einen dichten, umfangreicher Meteoritengürtel gesteuert werden muss?
Dann müssen ein/zwei Experten herbei. Und Amateure: "hands off"!
Bleibt nur noch zu klären: Was ist beim Essen der Meteoritengürtel? Die Yakbutter?
(natürlich nur ein Gedankenexperiment, weil wir haben ja unfehlbare Autopiloten).

PICCOLO, 19.12.05 @ 14:49

Idealtypenschein...
..nur bei mir. Sämtliche anderen Scheine auch. Bärenaufbindegenehmigungen und viele nette in Vergessenheit geratene "Titelchen" für den Hobbyakademiker und Pseudoaristokraten. Gerade zu Weihnachten nette und billige Sachen die man sich selber schenken soll.

jamiesolive, 19.12.05 @ 00:38

@ ?
ein idealtypsches auto bräuchte dann ja wohl auch einen idealtypenschein. aber woher den bekommen??????????????????????

PICCOLO, 19.12.05 @ 00:33

tastatour@
Ich glaube beim Auto ist ja alles super genau abgemessen. Hubraum usw..
Ein ideales Auto, das ist das was ein jeder sich selber so vorstellt.Im Prinzip sicher jedes Auto. Der eine will einen Puch 500, der andere einen Maibach. Alles ideale Autos.Ein typisches Auto, da finde ich nach einem langen Arbeitstag und ein paar Weihnachtsböcken keine rechte Antwort, ob das geht. Eine idealtypische Marmorataforelle kann ich mir auf jeden Fall besser vorstellen.. (lese gerade darüber) gibts im Isonzo.

tastatour, 18.12.05 @ 22:21

?
Warum lässt sich der Begriff auf Autos nicht anwenden, auf Speisen aber schon?

PICCOLO, 18.12.05 @ 21:35

@idealtypisch
Das Wort ist für Speisen sehr zutreffend. Das könnte man auf ein Auto oder anderes technisches Gerät nie anwenden. Auf einer linearen Scala die nach außen offen ist wäre das dann wohl der der Mittelpunkt.Wobei man die Kocherei niemals in einer Geraden darstellen kann, wie beim Thermometer. Der "Idealtypimeter" hat eine Halbbogenscala, wo der höchste Punkt gleich Mittelpunkt ist zwischen zwei grauslichen nach unten oder oben zeigenden Enden. Das Erste wäre roh und geschmacklos und das Zweite dann verbrannt und ranzig.

ChristophWagner, 18.12.05 @ 18:58

Eine Lanze fürs Idealtypische
Selbst wenn´s jetzt allmählich wie Haarspalterei aussieht, so muss ich doch auch noch eine Lanze fürs Idealtypische brechen. Ich verdanke das Wort einem Tester aus der Ur-Gault-Millau-Ära (Anfang der 80er) und habe es seither immer wieder einmal gebraucht. Ende der 80er hat auch meine Kolumne in der Zeitschrift GUSTO so geheißen. Mittlerweile gebrauchen es auch andere immer wieder, möglicher Weise auch inflationär.

Das ändert aber nichts daran, dass das Wort „idealtypisch" einen sehr genau definierten semantischen Gehalt umreißt. Es ist nämlich keineswegs eine Tautologie (wie weißer Schimmel), sondern bezeichnet viel mehr als nur typisch oder nur ideal. Ein typischer Kalbskopf ist beispielsweise in unserer Region einer, der gekocht, gesurt oder geselcht, gepresst, in Scheiben geschnitten, paniert und in Fett ausgebacken wird.

Das allein wäre genug der Typizität. Ist er dann aber auch noch wirklich saftig und zart, in entrindeten Weißbrotbröseln paniert und dann auch noch in Butterschmalz und im Pfandl ausgebacken, so nähert er sich allmählich dem Ideal seiner Zubereitung an, ist also idealtypisch. Ich wüßte kein anderes Wort, das genau diesen Sinngehalt so exakt träfe. (Vorbildlich wäre eine Möglichkeit, umspannt aber nicht den gesamten thematischen Bogen).

Im übrigen ist idealtypisch kein besseres oder schlechteres Wort als großartig. Das eine meint, ein Gericht sei von großer Art, das andere, es sei von iidealer Typizität. Beides ist möglich, aber es bedeutet nicht dasselbe.

Zudem bin ich der Auffassung, dass das Hauptproblem unserer Gegenwartssprache keineswegs darin liegt, dass ihr Wortschatz zu groß wird, sondern viel eher, dass er im täglichen Gebrauch immer mehr auf ein Minimum schrumpft. Da halte ich es schon eher mit Arno Schmidt, der meinte, dass den Schriftsteller von jedem anderen Menschen, der schreibt, nur sein Wortschatz unterscheide, und sonst gar nichts.

In diesem Sinn sind mir neue, schlüssige Wortschöpfungen auch im kulinarische Bereich willkommen — und ich verspreche, sie gnadenlos anzuwenden.

alma, 18.12.05 @ 10:48

Sündenfall
Ich habe gesündigt und mich in einem gestrigen fulminanten Menü einer Idealtypizität gegenübergesehen. Nachzulesen unter Restaurants - Rund um Wien (auf speising umfasst das einen Radius von weit mehr als 80 km) - Tiroler Hof. Schönen Sonntag!

ChristophWagner, 18.12.05 @ 01:38

S´war Hohenberg und nicht die Minna
Man verzeihe mir die Ungenauigkeit. Doch ich bin in guter Gesellschaft, Einem Bericht der Kulturredaktion des Kurier (dereinst unter Paul Blaha und Karl Löbl eine Zierde ihrer Zunft) entnahm ich heute, dass „Friedrich Schillers oft so unterschätztes Lustspiel Minna von Barnhelm" in einer Neuinszenierung durch Andrea Breth am Programm stehe, einer „Spezialistin für analytische Text-Tiefbohrungen", die „Schillers Drama als emanzipatorischen Text" sieht.

Soweit so gut. Nur ist die Minna leider nicht von Schiller, sondern von Lessing, ebenso wie Hohenau nicht Hohenberg ist.

abcdef, 18.12.05 @ 00:50

„Zwei Linden” in Hohenau
Wo ist das, oder meinten sie Hohenberg im Traisental ?

karlheinz, 17.12.05 @ 22:39

mehr als genug der hauben...
...hatte anscheinend das "mod" in graz, dem 2 davon das genick gebrochen zu haben scheinen.
klar, mehr personeller und ambience - aufwand bedingen auch höhere preise, aber für graz war
( w i l l der grazer überhaupt ein restaurant, das über 14 gm - punkte hinausgeht? aber ähnliches war ja schon thema eines der letzten threads, und warum sich die haubenszene auch aufs land hinaus verlegt.)
der pecuniäre gipfel damit offensichtlich überschritten. ohne hier restaurant - kritik betreiben zu wollen, war das preis - leistungs - verhältnis auch für meinen geschmack bereits überzogen.

das erst vor nicht allzu langer zeit in die speisinger - kritiken aufgenommene "eckstein" in stmk's landeshauptstadt hingegen funktioniert in dieser hinsicht noch zufrieden stellend, wiewohl auch hier (angebot und nachfrage?) eine verschiebung zur ungunst hin festzustellen ist.
das eckstein aber ist noch ein wirtshaus (wie gesagt, n o c h ), wenn auch mitten in der stadt.

gleich ums eck davon findet sich die "gamlitzer weinstuben", wahrlich das wirtshaus schlechthin (auch wenn das publikum manchmal anzug trägt, egal, das haus wird ewig darüber hinweg sehen).
dort einen sitzplatz zu erhalten geht ungefähr gleich problemlos wie hinter der staatsoper einen legalen dauerparkplatz. ein zeichen, dass die leut' auch in einem urbanen I. eine stelze mit scharfem und krenn wollen, und das möglichst nicht zu apothekerpreisen.

a propos "unwortklauber": habe mir letztens jonkes "damals vor graz" angesehen: der erste besucher verließ das haus schon nach 10 minuten. so lebendig ist also unsere sprache, dass solch ein "dada" nach über 30 jahren noch immer provoziert. schön!!

PICCOLO, 17.12.05 @ 09:55

Idee...
Ich habe vor einiger Zeit eine Idee umgesetzt die gut ankommt. Ich möchte sie hier zum Thema gute Wirtshäuser anbringen, weil sie viel Arbeit erspart und ein gutes Gast - Wirt Verhältnis gestalten kann.
Ich bin ja ein Anhänger einfachster Strukturen bei Speisenkarten. Das Wort Ochesenschwanz darauf muß reichen - was es dann ist soll man sehr gut erkennen. Was immer der Koch macht muß gefallen. Dafür soll der Koch leben und für fast nichts anderes .
Meine Idee, die mir viel Arbeit abnimmt: Es gibt täglich ein Gericht - aus dieser Ochsengaumen, Schweinsschulter- Schwanz Welt welches ein Lehrling völlig alleine zubereitet. Das wird dem Speiser dann empfohlen. Hier gibt man dem Gast etwas wirklich - auch im geistigen Sinn von der Verarbeitung ( junge Hände) zum Speisen. Und es kommt gut an, motiviert Beide Partner und versetzt auch Personen in Staunen über den Wohlgeschmack österreichischer Würzspeisen. Jeder Koch hat ja das Problem ein größeres Angebot an Speisen bei großem Geschäft umzusetzen. Daher lobe ich in jedem Lokal in das ich komme die geringe Auswahl von Speisen sehr. Würden die guten Wirtshäuser diesen Weg gehen und statt 10 nur 4 Speisen anbieten gäbe es einen Qualitätssprung nach oben der uns alle erfreuen würde. Man könnte lange ohne Preiserhöhungen auskommen.

Schönes Wochenende im Schnee!

ChristophWagner, 17.12.05 @ 09:14

Unwortklauber
Pardon: Es handelt sich nicht um Unworte (im Sinne des Unworts zum Sonntag), von denen wir reden (oder wenn wir präzis sein wollen: schreiben), sondern um Unwörter. Da hat sich in der Tat auch eine Art von mitunter etwas naseweiser Unwortklauberei entwickelt, die einerseits heilsam, andererseits, um zwei andere Unwörter aus dem Kulturbetrieb zu gebrauchen, auch verstörend oder irritierend ist.

Grundsätzlich gehen die Unwortklauber davon aus, die Sprache sei ein genau definierter Komplex, aus dem auszuscheren eine Unart (bis hin zum Unwort) sei. Sie ist jedoch, ganz im Gegenteil, ein Lebewesen wie jedes andere auch und als solches vor Weiterentwicklung ebensowenig gefeit wie vor Tumoren und Metasthasen.
Allein: DIe Lebewesen mögen absterben, die Gattung selber überlebt´s erfahrungsgemäß: Sonst würden wir, aller Unwörter zum Trotz, heute wohl noch althochdeutsch oder gotisch sprechen.

Und das Wort „Schweigekanzler" wäre womöglich nie geprägt worden. Was schade wäre. Weil´s, zumindest im gegenständlichen Fall, ziemlich treffend ist.

P.S.: Auch ich finde die übertriebene Anwendung von aus der Kulturkritik entlehnten Begriffen wie „ausdruckstark" in der Küche inflationär. Wenn man das Wort Kochkunst ernst nimmt, kann eine Sauce aber grundsätzlich ebenso audrucksstark sein wie ein Pas-de-deux im Ballett.

alma, 17.12.05 @ 08:35

Unworte
Die Wortklauberei um den Ochsenschwanz (danke für den Tipp, ich werde auf Kalbinnen bestehen in Zukunft!) -
[Einschub: natürlich ging ich davon aus, dass es die Euphorie der mannigfaltigen Sinneseindrücke im Umland von Wien war, die diesen und einen anderen Ausrutscher verursachte] -

die Ausdrucksstärke der Sprache also brachte mich zu den Kapriolen, die dann solche auch zu schlagen imstande ist, wenn es um Essenskritik geht: der Fundus, auf den Tester gerne zurückgreifen, beinhaltet neben "ausdrucksstark" eben gerne auch "idealtypisch" u.v.a., deren Aufzählung ich der fundierten Leseerfahrung der Speisinger überlasse. Für sich keine bösen Worte, in der verkürzten Fassung im Zusammenhang einer Kritik aber leider meist inhaltsleer, wie es aber auch in anderen Bereichen gerne der Fall ist - siehe die Wahl zum Wort/Unwort des Jahres. Ich warte ja noch auf das "nachhaltige" Carpaccio und die "aussagekräftige" Consommée ...

Wenn es etwas gibt, was Wirtshäuser außer ihrer guten, geraden Küche noch auszeichnet, so ist es gerade der Umstand, dass ihnen Wort-Behübschungen oder -Verumglimpfungen erspart bleiben.

(zu Guttmann: dann wurde mir offenbar Falsches zugetragen, sorry)

ChristophWagner, 17.12.05 @ 01:10

Ochsenschwanz und Ausdrucksschwächen
Ich muss mich koririgieren. Selbstverständlich war der Ausdruck nicht im Ochsenschwanz, der ja naturgemäß ausgelaugt und daher ausdruckslos war. Wennschon Ausdruck, so war derselbe in der Sauce (die ist glaube ich auch der Schulterkiller), für deren Beschreibung mir (man bedenke die späte Stunde) offenbar ein besserer Ausdruck als ausdrucksstark gefehlt hat. Bevor ich noch so einen Fauxpas begehe, mache ich mir von diesem Text jetzt aber sicherheitshalber einmal einen Ausdruck.... oder ich frage den Thesaurus.

ad Umkreis: Habe einfach einen Zirkel genommen und ihn in den Stefansdom gestochen. Alles, was in einen Kreis von maßstabgetreuen 80 km hineingeht, ist im Buch drin. Alles andere leider nicht, sonst würde „Wo isst Österreich?" daraus werden (in dem der Guttmann übrigens keinesfalls vergessen wurde, sondern absolut wohl gelitten ist.)

PICCOLO, 16.12.05 @ 22:28

@alma - ausdrucks - stark
..einen Ochsenschwanz am Teller gibts ja eigentlich nicht. Es sind ja Stückelchen.. Daher muß sich ein Koch zusammenreissen, dass eine Scheibe davon so gut schmeckt dass man es "Schwanz" nennen kann.

Und wiederum etwas für starke Frauen in einem guten Wirtshaus, wenn sie "bedeutend" bestellt: "Ich möchte den Schwanz, kann aber gerne auch von der Kuh sein". Denn Ochsenschwänze sind meißtens die Besten von einer jungen Kalbin. die besten aus einem Stall mit vielen Fliegen... Denn des Ochsenschwanzes Trainer ist die Fliege. Ich schätze diese Tiere aber nur zu diesem Grunde...

Es ist eines meiner absoluten Lieblingsgerichte, das Gluten darin macht mir nichts aus , die Schulterschmerzen von einigen Scheiben Ochsenschwanz mit gutem Milchpolenta dabei, trägt man wie einen Orden...

alma, 16.12.05 @ 21:39

wie weit reicht ...
...rund um Wien?

Guttmann in Zöbing wär eins von den guten Wirtshäusern, gern übersehen. Mit viel und gutem Wein. Ich weiß allerdings nicht, ob sie auch über einen "ausdrucksstarken" Ochsenschwanz verfügen ;-) ...

PICCOLO, 16.12.05 @ 15:31

Erste Begegnungen??
Lange umkreiste das Raumschiff einen leuchtend blauen Planeten Toggelwuz. Seine Insassen stammen aus einer vollkommen mit Kunststoff überzogenen Welt die im dazu Inneren einer Kugel aufgefaltet liegt. Wenn man eine Rakete durch das kleine Loch am Himmel nach draußen schießt kann sie die Erde nicht verfehlen.
Jetzt umkreisen sie diese Erde und wenn sie sich auf diesen blauen Planeten „beamen”, suchen sie das ihnen Bekannte, was so ungefähr aussieht wie das Stadtzentrum von NewYork, Wien Shanghai usw. Viele Beton und Stein und Kunststoff. Genug zum essen auf jeden Fall. Nie wagen sie sich ins Grüne oder Blaue, dort hat der Brutzelwutzkulligögg sein Nest. – Ein sagenhaftes Monster der einst jene ferne Welt zu dem gemacht hat was sie diesen Aliens ist.

Aber nach langen Umkreisungen und vielen Besuchen fand man immer kleinere Städte, lange nach dem „first - encounter” wagte man sich in einen Wald und mit gezückten Phasergewehren erwarteten sie Brutzelwuzkulligögg´s Gebrüll. Aber nichts passierte, es war wunderbar.

Ins Logbuch schrieben sie:

„durchwegs nette Leute, hätten wir uns nie gedacht, durchwegs hohe Kultur, kein Problem, da bleiben wir!”

Herrn Bürgermeister werden die „netten Leit” wahrscheinlich auch nicht so geheuer sein, weil er sich geradezu über die positiven Erlebnisse wundert.

Wer solange auf diesen mir so fremd und fernen Planetoiden der „haute cuisine” gelebt hat tut sich natürlich schwer in den einfachen Gaststätten. Noch dazu wenn einem der "Geruch" des Kenners anhängt und man als Tester bekannt ist wie ein bunter hund. Schwerarbeit.... Aber es „menschelt” schön. Und ob einer es glaubt oder nicht, diese Einstellung ist gesund, sie heilt und macht fröhlich.

Viele Grüße

ChristophWagner, 16.12.05 @ 10:14

2 Linden
Nein, meine zwei Linden stehen in Hohenau in den Eisenwurzen.
Ausführliche Besprechungen und Analysen des Wiener Umlands wird es in dem Buch „Genuss rund um Wien" geben, das ich zurzeit mit dem Fotografen Kurt-Michael Westermann recherchiere, und das etwa um Ostern im Buchhandel erhältlich sein wird.

tastatour, 16.12.05 @ 10:00

Nebel und Wind
Es freut mich ungemein, dass sich unser Bürgermeister auch in der funky Tundra umtut, noch dazu bei dem Wetter. Eine eingehendere Analyse und Besprechung der diversen Lokalitäten wäre zu schön, um wahr zu sein.


btw: ein "zwei Linden" gibt es in Ringelsdorf. Echt? Das?

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