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Das Weinlog

02.07.04 @ 11:18

Le Chateau Autrichien

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Man liebt es französisch im burgenländischen Halbturn, man ist jeune und schön, man ist akribisch.
In den Barriquesälen (von Kellern kann hier nicht gesprochen werden, es sind die zu klimatisierten Reifungsräumen umgebauten Stallungen), von deren Decken schwere Design-Kronleuchter hängen, steht tatsächlich „Chateau Halbturn” auf den Fässern zu lesen, das Entrée zur Kellereitechnik, das auch als Verkostungsraum dient, hat nicht zuletzt durch ein riesiges Nitsch-Oeuvre (aber auch die anderen Räume sind kunstbedacht) sakralen Charakter.
Das Team ist jung und international: Maître de Chai Francois-Xavier Gaboriaud kommt von Chateau Hermitage, Önologe Felix Peters aus Geisenheim (wir sprechen hier nicht nur von rot, sondern auch von weiß und süß), im Marketing wirkt, jünger und strahlender als alle, Marion Ebner, die eigentlich selbst sehr spannenden Wein machen würde.
Über allem aber wacht Tausendsassa Carlo Wolf, der immer da ist, wenn es Neues zu bewegen gilt (sagen Ihnen Rungis Express oder Tanglberg was?); er konnte Hausherren Graf Königsegg zu Investitionen in mehrfacher Millionen-Euro-Höhe bewegen, das ist zum einen sicht-, zum anderen schmeckbar.
Herr Wolf beansprucht seinen Schiedsrichtersessel oberhalb der Förderbänder, da werden die Trauben peinlichst selektioniert, allen voran Pinot und St. Laurent, die denn auch in ihrer ersten Fassung schon zeigen, dass sie eine lange Zukunft vor sich haben. Burgund lässt grüßen! Die Reverenz an die großen Vorbilder aber bedeutet nicht, dass nicht burgenländischer Wein gemacht würde – das (vielstrapazierte) Terroir soll sehr wohl durchdringen; es wird auf jegliche Form der künstlichen Konzentration verzichtet. Neben den Schloss Halbturn-Weinen gibt es als Zweitwein Imperial rot und weiß, beides Bordeaux-inspirierte Cuvées, weiters eine „Graf Königsegg” benannte Gastro-Linie; aber auch der „einfache” Genuss wird nicht verschmäht, als „Schloss am Kaiserberg” kommen süffige, fruchtige, trinkfreudige Weine auf den Markt, die preislich zwischen €4,20 und 6,50 (für einen äußerst ansprechenden Alltags-Pinot) rangieren und für den Lebensmittelhandel gedacht sind.
Meine Begeisterung aber weckte die Cuvée Marietheres (€ 14,50), benannt nach der Baronin Waldbott Bassenheim (eine der Initiatorinnen der Umstrukturierung des Gutes), ein Weißwein im Mosel-Stil, im Jahrgang 2003 nur aus Riesling vinifiziert (und mithin natürlich keine Cuvée ...). Da zeigt sich, was die neue, sündteure, schonendst arbeitende Presse, die sonst nur an Plätzen wie etwa Chateau Petrus zu finden ist, zu leisten vermag: wie beim alten Korbpressen-System, hier eben mit Hydraulik, läuft der Saft durch den viel höheren Presskuchen, wird dabei teilweise schon geklärt, und behält ein Maximum an Frucht; selbst bei Botrytistrauben können so helle Moste erzielt werden.
Diese Marietheres nun, in ganz zartem, hellen Gelb, verführt sofort mit einer geballten Ladung an Rieslingfrucht, reifste Marillen- und Pfirsicharomen lassen ganze Obsthaine vor Augen erstehen, und gibt sich am Gaumen von einer fast zuckerlartigen Intensität, aber! weder dick noch klebrig noch unanständig üppig, sondern mit einem Alkohol von 9,1%, mit 7,5 Säure und 42 g Restzucker von einer herrlichen Ausgewogenheit und Balance, elegant und galant: das stilvolle Getränk für lange laue Sommerabende – eine Terrasse mit Blick auf einen Schlossgarten wie Halbturn müsste man halt zur Verfügung haben!

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