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Das Weinlog

06.12.04 @ 22:00

Las Cases 1953 und Branaire-Ducru 1934

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das Erkennen oder meist eher Erraten von Weinen, die einem blind serviert werden gehört zu den zwar sekundären, bisweilen aber doch reizvollen Beschäftigungen im Context des (in diesem Fall wohl ausschließlich apollinischen) Weinkonsums. Die Vorstellung eines von kreischenden Mänaden (Daisy Duck?) umringten Dionysos, der sich am Bart kratzt, und überlegt, ob eher nun eher einen Chambolle oder oder doch einen Volnay im Humpen hat, wirkt gleichermaßen skurril wie erheiternd. Fast Monty Phyton.

Nichts desto trotz kann dergleichen – solange es nicht bier(!)ernst genommen wird – durchaus unterhaltsam und manches Mal auch lehrreich sein. Auf jeden Fall kann es nicht schaden, sich neben jahrzehntelanger Verkostungserfahrung mit einigen Grundinformationen zu wappnen, die zumindest solange man sich in den traditionellen Weinbauregionen des Mutterlandes bewegt durchaus hilfreich sein können:

Das beginnt bei der Flaschenform: Bordeaux- , Burgunder-, oder Schlegelflasche entsprechend Bordeaux, Burgunder bzw. Rhone oder Elsass. Bei Châteauneuf kommt dazu, dass die meisten Flaschen eine Prägung aufweisen und zur korrekten Ausrichtung der Flaschen beim Etikettieren auch eine entsprechende Nut am unteren Flaschenrand, die auch durch einen Stoffsack ertastet werden kann. Bisweilen hilft auch die Form der vom Gastgeber gewählten Gläser die zur Auswahl stehende Regionen einzugrenzen. Eine wesentliche Hilfe kann des weiteren auch in einer detaillierten Kenntnis der Vorlieben und des Kellerinhalts des Flaschenspenders liegen. Für Spezialisten könnte dann auch noch die Farbe der (unvorsichtigerweise nicht vollständig entfernten) Flaschenkapsel Auskunft geben: manche Châteaux haben hier langjährige Vorlieben für ausgefallene Farben (rosa für Certan de May, kupferfarben für Pape-Clément, etc). Wenn all diese Hilfsmittel und auch jahrelanges Training nichts mehr helfen, dann muss man möglicherweise zu einer der beiden folgenden Methoden greifen, die in einer gewissen Weise einen Nachschlag zum Beitrag von Kollegin -ad- darstellen:

In dem unvergessenen Film „L' Aile ou la cuisse” („Brust oder Keule”) scheitert Duchemin junior (Coluche) nach dem souveränen Erkennen eines sogenannten „Südfranzosen” am nachfolgenden Wein, den sein unter völliger Anosmie und Ageusie (Verlust von Geruchs- und Geschmacksinn) leidender Vater Claude Duchemin (Louis de Funes) wie folgt erkennt:
"Belle robe vermeille, un peu violette, bel éclat. C'est un bordeaux, un grand bordeaux. Un peu de pourriture noble en suspension, ces impuretés descendent lentement. Ce vin a 23 ans, c'est un 53, une très grande année. Le vin, c'est la terre, celle-ci est légèrement graveleuse, c'est un médoc. Le vin, c'est aussi le soleil. Ce vin a profité d'une belle exposition sud-ouest, sur un coteau de bonne pente. C'est un saint-julien, château Léoville Las Cases 1953 !"
In der deutschen Synchronisation hörte sich das wie folgt an:
„Die Färbung ist schön und blutrot, ein bisschen violett; brillanter Glanz. Das ist ein Bordeaux. Ein großer Bordeaux! Die wenigen Schwebeteilchen schließen auf edle Fäulnis. Sie sinken langsam zu Boden. Dieser Wein ist 23 Jahre alt, das ist ein 53er. Ein echter Jahrhundertwein! Dieser Wein wächst auf einer Erde, und diese Erde ist sehr kieshaltig, würde ich sagen. Es ist ein Médoc! Diese Rebe hat auch außerordentlich viel Sonne. Er dürfte auf einem Hang wachsen mit einer ausgesprochen guten Südwest-Lage, an einem Hügel mit der idealen Neigung. Das ist ein St. Julien, Château Léoville Las Cases 1953!"

Uns bleibt noch viel zu lernen.

Mit einer ganz anderen Methode erkennt Richard Pratt, in Roald Dahls Kurzgeschichte „Taste” einen anderen St. Julien: Branaire Ducru 1934 und hofft auf diese Art die Hand der Tochter des Gastgebers zu gewinnen.

Für diejenigen, die diese höchst amüsante Geschichte noch nicht kennen: Hier ist sie nachzulesen: membres.lycos.fr/jpcharp/Taste.html

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