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Das Weinlog
15.01.05 @ 20:11
Dicke Weine im Schatten des Bergs
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Bei Côtes du Ventoux denken passionierte Provenceliebhaber oder Bergsteiger wohl am ehesten an den gleichnamigen Berg, die mit 1.909m höchste Erhebung dieses Departments. Engagierten (Passiv-) RadfahrerInnen fällt vielleicht noch die Bergetappe ein, über die sich seit über 50 Jahren alljährlich die Teilnehmer der Tour de France zu quälen haben.
Der aus dieser Region stammende Wein jedoch ist in unseren Breiten weniger bekannt.
Daran ändert auch der Umstand wenig, dass die dortigen Weinbauern ins Treffen führen, es werde in dieser Gegend nachgewiesenerweise seit mehr als 2.000 Jahren Wein produziert. Auch dass seit dem Jahr 1973 eine "Appélation Côtes du Ventoux Controlée" die Produktion regelt und als Hauptrebsorten Grenache Noir, Syrah, Cinsault, Mourvèdre und Carignan vorschreibt hat wenig zur Verbreitung dieser Weine in Österreichs Weinkellern beitragen können.
Vermutlich liegt das nicht zuletzt daran, dass nach wie vor deutlich mehr als 80% der jährlich produzierten Menge von über 300.000 hl von Genossenschaften (Caves Cooperatives) hergestellt wird und diese hier wie anderswo (von Ausnahmen abgesehen) nicht die beste erreichbare Qualität produzieren.
In den letzten Jahren jedoch kommen immer wieder hochinteressante und von der internationalen Kritik hochbewertete Weine engagierter Winzer auf den Markt und finden auch ihren Weg nach Österreich.
Einige dieser Weine stammen von der ca. 30km östlich von Orange auf einem leicht erhöhten Plateau gelegenen Domaine de Fondrèche.
Dieses Weingut wurde vor ca. 15 Jahren von der Familie Barthélemy-Vincenti erworben und fünf Jahre später übernahm der damals erst 20-jährige Sebastien Vincenti die Verantwortung für die 33ha Weinberge und die Vinifikation der Weine. Seitdem hat er nicht nur die gut erhaltenen bis zu 70 Jahre alten Grenache- und 30-40 jährigen Syrah-Lagen auf naturnahen Anbau umgestellt, sondern auch zusätzlichen Syrah und andere Rebsorten neu ausgepflanzt.
Auch die Kellertechnik wurde von Vincenti, der einige Zeit bei André Brunel in Châteauneuf gelernt hat, auf den neuesten Stand gebracht.
Die Weine sind mit ihrer üppigen vollreifen Frucht und dem zwar merkbaren aber keineswegs übertriebenen Holzeinsatz zweifellos als modern zu bezeichnen, aber allzu viel (siehe dazu unten mehr) kann man ihnen nicht vorwerfen:
Cuvée Nadal 2003:
Eine Cuvée aus 50% tankvergorenem Grenache und 50% Syrah, der in kleinen Holzfässern ausgebaut wurde. Jährlich werden davon ca. 30,000 Flaschen erzeugt und nach langer Lagerung auf den Hefen ohne Verwendung von SO2 gefüllt.
In der Nase deutliche Anklänge von Schokolade, überreife Frucht von Brombeerlikör, Kirschschnaps und Lakritze. Am Gaumen merkbar Alkohol, druckvoll und üppige Frucht, etwas gekocht, wieder Milchschokolade, markantes Tannin und im Finish leicht trocken, doch das kann sich bei dieser Fruchtkonzentration durchaus noch geben. Nicht nur für's verlangte Geld (12€) unheimlich viel Wein. 16.5P
Cuvée Persia 2003:
Davon gibt's 9,000 Flaschen. Hauptsächlich 30-40 jähriger Syrah und ein wenig Mourvedre. Alles in Holz ausgebaut; zur einen Hälfte in 600l "demi-muids" zur anderen in kleinen Barriques.
Eine überbordende, üppige, fast überfordernde Nase nach Karamel, Schokolade, etwas zedrige Bleistift-Späne, Asphalt, wieder Brombeer-Likör und Cherry-Brandy, sogar Datteln und auch rauchige Kaffennoten. Im Mund üppige Extraktsüße, Milchschokolade, viel präsentes aber feines Tannin, etwas gekocht, auch Saft und Frucht und trotz des deutlich merkbaren Alkohols durchaus balanciert; gut gemacht und modern, aber aber doch auch voller Lebendigkeit. Abermals unheimlich viel Wein. 17.0 (erhältlich um ca. 14€)
Beides wirklich beeindruckende Weine und gut zu kosten. Auch wenn die von Robert Parker vergebenen 93 bzw. 92 Punkte doch etwas zu euphorisch scheinen.
Die einzige Frage, die vielleicht bleibt ist, wie viel davon allein oder zum Essen auch mit Genuss zu _trinken_ ist. Manch einE WeinfreundIn könnte sich ob der Fülle und Konzentration überfordert fühlen und bereits nach einem kleinen Glas nach Erleichertung dürsten.
Aber Geschmäcker sind bekanntermaßen unterschiedlich, und es erscheint auch durchaus möglich, dass sich die Weine in einigen Jahren weniger ungestüm und etwas leichtfüßiger präsentieren. Substanz und Potential wäre da.
Weine der Domaine du Fondrèche sind u.A. erhältlich bei:
www.weinagentur.at
www.vivinum.at
Domaine de Fondrèche
M. Sébastien VINCENTI
F-84380 MAZAN
Tel +33 4 90 69 61 42
Fax +33 4 90 69 61 18

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