Monte Rosa (Wien)

Dass die "besser'n Leut", wenn Appetit aufkommt, gerne in die "schlechteren Bezirke" pilgern, hat die unangenehme Folge, dass die "besseren Bezirke" zumeist keine oder die schlechteren Lokale haben. Das gilt auch für den 18. Hieb, diese notorische "Sahelzone der Wiener Gastronomie" (© speising.net), und umso froher ist die Kunde, die man vom Monte Rosa aus in alle Winde rufen möchte: "Habemus Trattoriam!" - Endlich ein Superitaliener in Gersthof.

Das scheint auch Dr. Helmut Romé zu wissen, der Doyen unter den heimischen Weinpäpsten. Man sieht ihn sonst nur im Steirereck und ähnlichen önophilen Weihestätten. Jetzt sitzt er jedoch ganz kommod im Schanigarten, unterhält sich sichtlich blendend, streicht mir freundlich-skeptisch über mein Sonnengeflecht und sagt: "Die crossen Spiedini di Cozze, die musst' bestellen. Wir sind ja so froh, dass wir jetzt in der Nähe einen g'scheiten Italiener haben."

Tatsächlich war der "g'scheite Italiener", wie Gersthofer Eingeborene den ahnungslosen Eindringling jederzeit gerne aufklären, ganz früher einmal ein Greissler, dann ein Töpfereigeschäft und danach eine Grind-Pizzeria mit "Kellnern der Marke Messerjonny" (abermals © speising.net). Doch das alles ist vorbei, seit mit Pisano Salvatore und seiner sardischen Familie der buchstäbliche Erlöser erschien und die alte Pizzeria wachküßte. Pizza gibt's zwar noch immer (und sie soll, wie mir versichert wurde, viel besser geworden sein), tatsächlich sucht man hier jedoch andere Genüsse.

Die crossen Cozze-Spieße beispielsweise, die dem abgedroschenen Thema Miesmuscheln erstaunlicherweise noch geschmackliches Neuland abgewinnen. Oder der feine, roh marinierte Branzino, der großzügig dimensionierte und liebevoll abgeschmeckte Risotto von glasigen Meeresfrüchten und bissfesten Gemüsen, oder der kompakte Babysteinbutt mit ausgezeichneten Barterdäpfeln und dem feinsten Blattspinat, dessen ich mich in letzter Zeit entsinne. Ja, und dann sind da auch noch die ganz klassischen Scaloppine, die hier wahlweise mit dem sardischen Rotwein Cannonau oder sardischem Mirto (Myrtenlikör) zubereitet werden. Es folgen Pannacotta, Cassatta, Tiramisu; alles, wie's sein soll.

Dazu eine übersichtliche Weinkarte, die von schlichter (Terre di Tufo) bis zu prominenter (Al Bano Carrisi) Italianità mancherlei bietet, und das bei unkompliziert-freundlichen Service. Nein, ein "Fabios" jenseits des Gürtels ist dieser Monte Rosa nicht, aber ein Neigbourhood-Italiener, in dessen Nachbarschaft man gerne leben möchte. Selbst wenn er nicht in Gersthof wäre. Und selbst wenn man, wie ich, in Fünfhaus daheim ist.

Christoph Wagner

23 Kritiken | Kritik verfassen

breh, 07.05.11 @ 23:33

so schlecht nicht...
Pizzabrot in Ordnung, Fische auch. Sardischer Wein nicht uninteressant, Bedienung durchaus nett. Preise nicht ganz überhoben.
Was bleibt Dir über - die Katz am Samstag zu, das Nells auch, und da geht man sowieso nicht mehr rein, im Freyenstein sympathisch und nett über alles, aber nix ohne Anmeldung:
Zu Fuß kann das Monte Rosa oft die einzige Option sein - ein netter Italiener in einer netten Gegend.
Als Autofahrer bist du natürlich auch schnell im Arlt drüben, denn der "Super"italiener der seligen Zeiten des seligen C.W. ist das hier nicht mehr...

OberkllnerPatzig, 26.04.11 @ 14:14

Service zu aufdringlich, Vorspeisen uninteressant, Olivenöl der Menage ranzig, Pizzen in Ordnung. Dritte Wahl.

andy, 18.04.10 @ 15:20

War jetzt vier mal dort und bin sehr zufrieden.
Das Essen war sehr gut. Die Speisekarte ist nicht die der Pizzeria um die Ecke, was jedoch durchaus positiv gemeint ist. Die ital. Küche bietet mehr als Pizza und Spaghetti.
Die Weinkarte fand ich ebenfalls sehr ansprechend, ebenso wie das Ambiente. Das Service war freundlich und zuvorkommend. Kann das Lokal nur weiter empfehlen.

ran, 19.11.08 @ 14:10

HERzlich, HERrlich, HERvorrgagend
Ein HERzeigbares lokal, wenn man es erst einmal gefunden hat. aber die suche zahlt sich aus. hervorragend bekocht von Franco, nachdem man sich von der deliziösen auswahl an antipasti (leider) fast schon satt gegessen hat. kompetent beraten und zügig serviert . der preis stimmt, die waren marktgerecht und somit frisch und über den wein braucht man erst gar nicht zu reden.

doublecorona, 24.07.08 @ 14:32

Im M R zählt nicht nur das Kleingedruckte, sondern
auch das seitlich Geschriebene! Der italienisch gehaltene Satz seitlich auf der "Spezialitätenkarte" nämlich, der besagt, daß wer unter 36,- Euro isst, mit Couvert-Aufschlag von 3,- Euro sozusagen bestraft wird. Ob pro Person od Tisch war nicht herauszufinden, dem sonst so überaus jovialen (das wird oft mit "italienisch" verwechselt - besonders von Nichtitalienern) Personal war es offensichtlich unangenehm näher darauf einzugehen. Das Essen war wie immer sehr gut, nichts Überraschendes, denn Calamari, Orata, Branzino und Pizze gibt es dieser Tage ja vielerorts in ansprechender Qualität, zu ähnlichen Preisen - keine Innovation also. Nur ein netter italienischer Abend, wenn man sich´s leisten kann - ob mit oder ohne Coperto.