Home | Blogs | Christoph Wagner's Weblog | 04.02.06
Christoph Wagner's Weblog
04.02.06 @ 13:33
Mein - vorläufig - letzter Eintrag
Kommentar abgeben
Sie müssen eingeloggt sein um diese Option zu nutzen. Falls Sie noch nicht Mitglied von SPEISING.NET sind, können Sie sich hier registrieren.
Jeder Anfang hat sein Ende, aber nicht jedes Ende ist auch endgültig. Mit diesen Worten habe ich die Generalgouverneurin von Speising, Frau Dr. Andrea Riegl, heute gebeten, mir ein Sabbatical zu gewähren. Und sie ist meiner Bitte erfreulicher Weise auch ohne Verärgerung angenommen — vermutlich, weil ich dafür zwei gute Gründe anzuführen wusste.
1. Mein nächster Kriminalroman harrt der Fertigstellung. Und da mir meine Kolumnen und Kochbücher untertags kaum Zeit lassen, bleiben dafür eigentlich nur die zwei, drei Stunden nach Mittternacht, die ich bisher in Speising zu verbringen pflegte. Bis auf weiteres werde ich sie auf der Insel Balaor verbringen, einem geheimnisvollen Eiland vor der istrischen Küste, wo mein Freund, der Archäologe Mario Carozzi in arge Bedrängnis geriet, weil in der von ihm geführten antiken Museumstaverne gefüllte Siebenschläfer und vergiftete Gewürzweine aufgetaucht sind. Der Täter ist noch nicht gefasst, und ich fürchte, Doktor Carozzi bedarf meiner Hilfe im Moment mehr als die ohnedies schon ein wenig Wagner-saturierte Speisinger Bevölkerung.
2. Jeder Autor hat so seine stilistische Bandbreite, vor allem dann, wenn es um spezielle Themen geht. Gastronomie ist zugegebener Maßen ein besonders großes Thema, aber ich denke, ich habe es in den letzten beiden Jahren, soweit mir das mögich ist, mit Hilfe der User bis in die hintersten Winkel ausgeleuchtet. (Die unerbittlich aufmerksame Alma hat mich sogar darauf hingewiesen, dass ich schon zweimal nahezu wörtlich gleicheTexte in mein Weblog gestellt habe.) Um ein weiteres thematisches Im-Kreis-Gehen zu verhindern, tut es dem Weblog vermutlich ganz gut, ihm eine Pause zu vergönnen.
Dass es in meinem Weblog auf Speising in letzter Zeit ein bisschen turbulent herging, wäre übrigens kein Grund, denselben zu beenden. Im Gegenteil: Ich schätze zwar Katizas Ansicht, dass sie es nicht mag, wenn bei Tisch gestritten wird, ich glaube aber, dass ein Weblog ohne Kontroversen allmählich fad würde. Meiner Überzeugung nach hat, wer angegriffen wird, auch das Recht, sich zu wehren, und er sollte das auch tun. Wichtig ist nur, dass sich dabei niemand im Ton vergreift. Das ist auf Speising, rückblickend betrachtet, im Verhältnis zu vergleichbaren Internet-Foren, ziemlich selten passiert. Und wenn es passiert ist, so halte ich es eher für eine notwendige Begleiterscheinung zunehmender „Globalisierung” eines ursprünglich ja aus einem kleinen Freundeskreis heraus entstandenen Forums.
Ich sage euch, liebe Speisingerinnen und Speisinger, also auch keineswegs Lebewohl, denn ich habe auch in Balaor einen Laptop, von dem aus ich mich gelegentlich in die Geschehnisse der Community einschalten werde. Vielleicht gelingt es mir ja auch, Dr. Carozzi dazu zu überreden, ebenfalls zum Speisinger zu werden.
Mal sehen. Ich danke allen, die in den letzten zwei Jahren so eifrig mitgeschrieben, mitgedacht, mitgestritten und mitgekostet haben - und hoffe, sie werden es auf Speising.net weiter tun. Vor allem aber danke ich der Generalgouverneurin, dass sie mich so generös mit dem Bürgermeisteramt ausgestattet hat. Sie wird es, denke ich, interimistisch wohl selbst übernehmen, und ich wünsche ihr dabei aus ganzem Herzen viel Erfolg.
107 Kommentare | Kommentar abgeben
mykologe, 12.03.06 @ 15:06
H. Österreicher
...ohne Reitbauer ein kulinarrisches zniachterl.. Beim Steirereck da ging das so. Die Reitbauers haben in Paris das und das gesehen. Das hat man geschickt zusammengemixt und was wienerisches gemacht. Vorgestellt hat man es im erlauchten Kreis, alles eingeladene Gäste. Schnedgar,Wagner,Jeanne, der Mörtl und das Mausi und noch ein paar Meinungskapazunder. Der Heli war immer der stille im Hintergrund. Gekocht, hirnmässig hat der Patron und die Patrone. dort konnte nur ein stilles Wasser Küchenchef sein, denn zu reden gabs nichts wenn der Chef aus Paris, Strassburg, Rom usw heimkehrte. Die Nomenklatura österreichischer Gourmetkritik ist lückenlos darauf hereingefallen, oder mußte hereinfallen. Mörwald und so weiter detto. Denn das mag ich gar nicht schreiben was ich mit japanischen Geschäftsleuten im Ambassador erlebte. Da ist Beislkost ein Lobeswörtlein...
Danke Alma!
Russell, 12.03.06 @ 13:30
nicht ganz vollständig
dieser Verriss klingt ja schlimm genug, trotzdem fehlt mir noch die letzte Würze: die Behandlung der Gäste bei der Nachfrage nach freien Tischen. Gibt es darüber nicht vielleicht auch noch etwas zu berichten?
alma, 12.03.06 @ 09:50
"Le Beisl n'existe pas"
Dieser von Jacques Lacan am Wiener Flughafen im Beisein von Franz Schuh getane Ausruf kam mir dieser Tage in Erinnerung, als ich, in Wien weilend, ein Beisl-Erlebnis der unerwarteten Art hatte.
Die Freundin hatte als Gesprächsort das neue MAK-Restaurant auserkoren, wo Helmut Österreicher die Wiener Küche zum Mittelpunkt der Inszenierung machen will. "Inszenierung" verwende ich bewusst, weil ein solcher Ort niemals auch nur ansatzweise als Wirtshaus durchgehen kann, dazu ist er zu sehr Kulisse. Eine angenehme, gewiss, wie zuvor schon; der Platz im neuen, grün-poppigen Wintergarten ist auch an einem kühlen, windigen Märzschneetag warm und hell.
Die Erkenntnis des Tages: Das Beisl existiert: auf den Tellern. Die bewusste Verwendung von aus den Beisln schon längst entschwundenen Menütellern verliert ungewollt ihren inszenatorischen Charakter, wenn darauf nichts anderes zu liegen kommt als - schlichte Beislküche. Keine Neuinterpretation (war auch nicht angekündigt), kein höchstes Niveau (war angekündigt), sondern geradezu unverschämte Einfachheit. Unverschämt? fragen Sie, und ja, sage ich, denn der Mut, solche Speisen ohne Biss, Ausdruck, Geschmack dem erwartungsvollen Publikum ohne Scham zu servieren, kann wohlwollend nur mit unglaublicher Chuzpe beschrieben werden.
Die Linsen mit Speck und Spiegelei, lieblos auf den Teller geschöpft, erinnerten frappant an ähnliche Gerichte, die ich vor 25 Jahren bei zwei alten Damen in der Mollardgasse zu mir zu nehmen pflegte, deren Wirtshaus den großen Vorteil hatte, unsäglich billig zu sein. Das Paprikahendl war zäh, die Nockerl wässrig, der Kalbsnierenbraten bestand zur Hälfte aus Nierenfett, der Gemüsereis war aufgesprungen, also weit weg von jeglicher Körnigkeit, und absolut geschmacksneutral. Selbst das schon vielgepriesene Mayonnaiseei ließ trotz netter Gemüse drumherum den eigentlichen inventionalen Kick vermissen.
Systemküche war auch angekündigt worden im Voreröffnungspressegetümmel, und angesichts der beliebig auf den Tellern gelandeten Gerichte sah man geradezu vor sich, wie die Küchenmannschaft Fertigpackungen aufreißt und aufs Geschirr stülpt.
Ja, ich bin böse, spitzfindig, ich weiß. Ich bin verärgert. Ich bin verärgert, weil ich mich meiner Erwartungshaltung hingegeben habe. Ich bin verärgert, weil ich das, was ich gegessen habe, Helmut Österreicher nicht zuordnen kann und will. Und es drängt sich geradezu die Frage auf: gibt es in der Gastronomie Paarungen, bei denen das Zusammenspiel mehr ist als nur die Summe zweier Einzelteile? Wo bei Auflösung einer solchen Paarung beide Teile nur verlieren können?
PICCOLO, 07.03.06 @ 21:16
"burgenländlich"..
Wenn etwas einfach, nett und klein ist, dann schafft es sich leichter jenen wünschenswerten Respekt, den sich auch ein Wirt wünscht. Das vergisst man in Hardcore Tourismusgebieten etwas leichter. So wie man halt auf einer Autobahn gerne mit Vollgas die zugelassene Geschwindigkeit überschreitet als in einem Hohlweg. Ehrfürchtig ist der einfache Mensch (den ich etwas überzogen beschrieben habe) doch wieder gerne dort wo es auch einfach aussieht.
karlheinz, 07.03.06 @ 14:42
lasst uns froh und kotzig sein...
"Hat man an in der Raststation Irschenberg noch nicht gekotzt, kotz man zur Ankunft in des Wirten noblen Porzellanabort. (sic!)"
seien wir erfreut darob, dass der burgenlaender seine "puszta-tours" im seewinkel geschaffen hat...
...und somit diese partie (die nicht zwangslaeufig aus teutonischen gefilden stammen muss!) aus dem autobus nach dem prinzip der aethylenischen zentrifugalkraft in einen pferdegezogenen pusztabus verfrachtet zur umrundung der langen lacke (nomen est omen!!).
anschliessende inkasernierung in einer ilzener schenke (natuerlich original) und pausenverbraemter heimtransport in den nordosten inkludiert.
nicht auszudenken man liesse sie frei!!!

--- 04.09.18 @ 20:56
Über eine Monokultur aus Klonen künstlich geschaffener Lebewesen – über den Weinbau / PICCOLO: Aus einem alten "Spiegel" Artikel 30.10.1978 - Deutsche Winzer ziehen der Biene wegen den Zorn des Waldgängers Wellenstein auf... [mehr]
--- 04.11.17 @ 09:30
Über würdige, reife Weine / schischi: Mein persönliches Highlight - Uns hatte einmal ein Winzer, das muss so um 2010 gewesen sein, einen Weißwein... [mehr]
--- 09.10.17 @ 20:27
Was Chemtrail-Glaube und Biodynamischer Weinbau eint / OberkllnerPatzig: Feuer - Was man womöglich noch hinzufügen kann ist, dass manche Winzer, die sich rühmen,... [mehr]
--- 18.04.17 @ 12:49
Rauf die Preise! / PICCOLO: Schnell kommt man ans Bildermalen... - Doch schwer an Leute die es bezahlen. So salopp sagen, die Preise sollen rauf,... [mehr]
--- 13.10.16 @ 13:42
Rauf die Preise! / Meidlinger12: Beisl - z.b. das Quell kann noch immer das große Gulasch um 6,90 anbieten. Muß aber... [mehr]

Peter Gnaiger's Sternen-Logbuch --- 04.08.07 @ 20:16
Tischgespräche --- 11.05.07 @ 11:48
Das Gastlog --- 04.09.06 @ 16:45
Das Weinlog --- 01.06. @ 21:16
Christoph Wagner's Weblog --- 04.02.06 @ 13:33
