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SPEISING Open

30.04.13 @ 13:24

Ströck vs. Gewerkschaft, oder Simmering gegen Kapfenberg?

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Ich bin befangen, kenne ich doch die Familie Ströck und ihren Betrieb persönlich. Aber gerade deshalb ist es mir wichtig, dass beide Seiten gehört werden.

Worum geht es?
Auf www.derstandard.at wurde ein Wust an Vorwürfen gegen Ströck ventiliert. Die Vorwürfe kommen größtenteils von der Gewerkschaft. Die scheint heftig beim Akquirieren zu sein, und wer kann sich schon Beiträge von 1.800 MitarbeiterInnen entgehen lassen? Das dürften nach Schätzungen ca. 500.000 Euro jährlich sein. Die Gewerkschaft nicht, und die hätte gerne einen Betriebsrat installiert. Dazu meint Gabriele Ströck, dass das Sache der Belegschaft sei. Die müsse das auf die Beine stellen, und niemand in der Familie hätte die Absicht, das auch nur irgendwie zu verhindern.

„Wissens, ohne unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten wir den Laden zusperren. Wir brauchen sie und unternehmen auch alles, damit sie gerne bei uns arbeiten.“ Dazu sollte man wissen, dass Ströck aus eigener Kraft von 10 auf 1.800 MitarbeiterInnen angewachsen ist in den rund letzten vierzig Jahren.

Ströck ist ein Familienbetrieb, und wird auch so geführt. Das ist mit einer Konzernstruktur der Industrie in keiner Weise zu vergleichen. Vieles wird daher auch wie in einer Familie geregelt. Gibt es wo Brösel, wird darüber diskutiert, eventuell fliegen die Fetzen, aber dann geht es auch wieder weiter. Nicht alles muss per Vertrag geregelt sein. Und oft greift ein Verantwortungsgefühl viel weiter als das pure Arbeitsrecht. Die Ströcks leben tatsächlich mit ihren MitarbeiterInnen mit und helfen auch dort, wo das ein Arbeitsrecht nicht vorsieht, sondern wo es auf Menschlichkeit und eventuell Dankbarkeit ankommt. Familienbetriebe sind da eben anders. So werden zum Beispiel regelmäßig Lohnvorschüsse gewährt. Aber auch Lehrlinge, die sich über Gebühr "patschert" anstellen, bekommen bei Ströck oftmals gegen interne Empfehlungen eine weitere Chance, sich zu bewähren.

Ströck bezahlt auch immer wieder Anwaltskosten, wenn eine Frau versucht, zum Beispiel bei einer Scheidung, zu ihrem Recht zu gelangen. Und auch die bestehenden Clans, so arbeiten ganze Großfamilien bei Ströck, werden beisammen gehalten. Das ist nicht immer einfach, aber das ist der Weg eines Familienunternehmens. Der eventuell etwas flapsige Sager, "Wir brauchen keinen Betriebsrat, wir kümmern uns um unsere Leute schon selber", hat da ein anderes Gewicht, wenn man sieht, dass das täglich gelebt wird.

Die veröffentlichten Vorwürfe, sagt Frau Ströck, sind mitunter grotesk. So liegt es z.B. nicht an den Ströcks, dass das Tragen von Nagellack in einem Lebensmittel produzierenden Betrieb verboten ist, sondern an entsprechenden Richtlinien der Branche. Auch die Sache mit dem Tatoo wäre ganz anders, als es vorgeworfen wird. Jeder dürfe bei Ströck tätowiert sein, nur der eine Fall, der ein Hakenkreuz sichtbar am Unterarm gepeckt hatte, der wäre nicht tragbar gewesen.

Auch ärgert sie sich über den Vorwurf, nach dem Kollektivvertrag zu entlohnen. Wer hätte den denn ausverhandelt, fragt sie Hände ringend. Sie zahlen übrigens mehr, als der Kollektivvertrag vorsieht, und bezahlen auch die Pause; zumindest die halbe.

Und der Vorwurf, man würde Kranken hinterhertelefonieren, sei eine Sauerei. Wenn jemand krank ist und daher beim Erstellen des Dienstplans für die kommende Woche nicht anwesend ist, wird er halt angerufen, damit er weiß, wann er für den Fall der Gesundung wieder vorgesehen ist. Das hat nichts mit Hinterherschnüffeln zu tun, das seien bösartige Auslegungen eines ganz normalen Betriebsalltags.

Die Ströcks haben aus eigener Kraft und kraft der Qualität ihrer Backwaren aus einer kleinen Quetschen mit 10 MitarbeiterInnen eine große Bäckerei samt engem Filialnetz und rund 1.800 MitarbeiterInnen geschaffen. Erfolg rechtfertigt nicht alles, und wo viele Menschen miteinander arbeiten, kommt es regelmäßig zu Auffassungsunterschieden. Womöglich hat die extreme Nachfrage nach Ströck-Gebäck strukturelle Probleme, die bei solchem Wachstum entstehen, überlagert und es war einfach noch keine Zeit, hier Anpassungen vorzunehmen. Aber so dirty, wie das die Gewerkschaft spielt, geht es auch nicht.

Letzte Anmerkung: Das Büro der Geschäftsleitung ist ein 8-Quadratmeter-Kammerl mit zwei PCs zwischen Expedit und Produktion. Mehr nehmen sie für sich nicht in Anspruch. That’s it. So sind die Ströcks.

Gregor Fauma

www.facebook.com/Stroeck
www.stroeck.at
www.derstandard.at

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