SPEISING Open

13.06.13 @ 13:31

Espresso muss trendfrei bleiben.

Der Impetus nach Distinktion macht auch vor Kaffee nicht halt. Es reicht nicht mehr, aus schwarz-glänzenden Bohnen einen mollig-dichten Espresso zu sieden. Nein, die Vielschmecker und Tüftler wollen mehr. Es muss nun von Säurespiel und fruchtigen Aromen die Rede sein, von sich hinten entfaltender Süße und breiter Oppulenz floraler Bergaromen.
Das führt, so scheint es mir, zu Ephemeren im Röstersegment.

Immer mehr von außen grundsympathische Kaffeeröstereien, klein, chique und hippstihip halten nicht, was sie versprechen. Statt fettem Espresso gibt es dünn-saure Plörre, mit prätentiöser Gestik serviert und coolen Sprüchen garniert ("... Geschmack ist kein Zufall, verstehst ...?").

Der Testespresso, der dem Kauf neuer Bohnen vorausgeht, ist auch bitter notwendig. Er verhindert den Kauf der Bohnen. Wie schade, denn die Läden sind echt nett.
Aber leider. Leider geht der Trend hin zu hell gerösteten Bohnen, die matt und milchschokoladebraun in fesche Papierstanizeln gefüllt werden, um dann auch zu Hause ihren Dienst am Espressotrinker zu verweigern. Gallig ist das.
Leute, wacht auf! Espresso braucht schwarze Bohnen, glänzend und öhlig wie Schwarzer Afghane. Und im Geschmack tief dunkel, schokoladig bitter, eventuell malzsüß und auf jeden Fall breit, breit und breit.
Behaltet Euch Eure schlanken, dünnen Sauergetränke - Espresso ist trendfrei.

Ledergaumen Patzig

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