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Das Weinlog

01.08.04 @ 12:03

Franz. Landwein gegen Schwellenangst?

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Seit den 30ern des vergangenen Jahrhunderts sind die AOC („Appellations d'origine contrôlée” - in etwa übersetzbar mit „Kontrollierte Ursprungsbezeichnungen”) so etwas wie die heilige Kuh der französischen Weinvermarktung: Da werden zentral (wie das halt in Frankreich so üblich ist) genaue Richtlinien festgelegt, in welchen Gebieten mit welchen Rebsorten und wie Weine vinifiziert werden dürfen, um das AOC-Siegel zu erhalten. Alleine im Bordeaux gibt es mittlerweile 57 unterschiedliche AOCs von „Bordeaux superieur” bis zu „Saint-Emilion Premier Grand Cru Classé” und seit jeher wurde und wird hingebungsvoll um Grenzen, Bedingungen und Details der Bezeichnung gestritten. Doch nun soll gerade dieses System aufgeweicht werden in der Hoffnung dadurch mehr (amerikanische) Weinkonsumenten zur französischen Flasche greifen und die chilenische, australische und südamerikanische Konkurrenz verschmähen zu lassen.
Wie konnte es dazu kommen?
Die allermeisten AOCs verbieten, die Rebsorte an prominenter Stelle aufs Etikett zu drucken und es wird angenommen, das Fehlen dieser Information sowie die Vielzahl an AOCs verwirre potentielle Käufer derart, dass sie lieber zu Weinen aus anderen Ländern griffen. Zumindest behauptete das bereits vor einigen Wochen der amerikanische Weinguru Robert M. Parker Jr.
Nun soll also (fast) alles anders werden damit in Zukunft Weine mit einer (bislang streng verbotenen) Bezeichnung wie „Vin de Pays de Bordeaux – Merlot” („Bordeaux Landwein - Merlot”) den Weg ins Einkaufswagerl finden und die französischen Weinproduzenten aus der Krise führen können.
Leicht wäre es, über diese höchst erregt geführte Diskussion zu schmunzeln und beim Thema „Franz. Landwein” an ein in den späten 70ern in vielen Gaststätten ausgeschänktes Produkt oder an den unvergesslichen Coluche („Südfranzose” in „Brust oder Keule”) zu denken, aber mir scheint, dass an dem dahinterliegenden Problem doch etwas mehr dran ist:
Seit Jahren glaube ich festellen zu können, dass auch engagierte Weinfreunde beim Thema Frankreich häufig verkrampfen: „da kenn ich mich nicht aus”, „keine Ahnung, was ich da bekomme”, „zu kompliziert”. Und natürlich immer wieder: „zu teuer”. Zweifelsohne gibt es die unterschiedlichsten französichen Weine und einige von ihnen sind unter den teuersten der Welt und die Preise (wie auch bei Italienern, Spaniern, etc. und Österreichern) nicht immer gerechtfertigt. Andererseits werden bei uns schon seit Jahren französische Weine in mehr als konkurrenzfähiger Qualität auch in der 08/15 Kategorie angeboten. Dennoch scheinen die meisten heimischen Weinliebhaber im Zweifel lieber zu Weinen aus anderen Ländern zu greifen. Unbestritten liegen (zumindest den Ostösterreichern) das Burgenland und die Wachau näher und in Bezug auf Italien mag eine durch Pizzerien und Caorleurlaube erfolgte frühkindheitliche Prägung eine Rolle spielen, aber Südafrika, Chile und Australien?
Ist es tatsächlich so, dass gegenüber französischen Weinen eine erhöhte Schwellenangst besteht oder ist die Präferenz das Ergebnis langgjähriger vorurteilsloser Vergleichsverkostungen oder bilde ich mir das alles eh bloß ein?

Ich bitte zu entschuldigen, dass wieder einmal (selbst nach so langem Text) nicht einmal eine klitzekleine Weinempfehlung wartet, sondern ich anstatt dessen zum wiederholten Mal um die Einschätzungen der werten Traubinger bitte.

-hs (mit ergebenem Dank)

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