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Das Gastlog

25.04.06 @ 11:59

die kulinarische Symbiose

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Selbst auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, beschreibe ich ein kleines, kulinarisches Erlebnis. Es passierte vergangenes Wochenende. Meine Mutter hatte Geburtstag und die Familie wurde in s Wirtshaus eines sogenannten Starwinzers geladen.

Schoen unter einer Ruine gelegen erwartete uns ein altes Gut, ausgestattet mit angeblich modernen Elementen. Ueber Geschmack laesst sich bekanntlich streiten.

Doch erschuetterte mich letztlich doch die spielerische Leichtigkeit, mit der dort (wie auch sonst so oft in Oesterreich) die Komponenten der kulinarischen Symbiose durcheinander gewuerfelt wurden.

Der Raum ist eine Mischung aus laendlich traditionell und dem was "Schoener Wohnen" als modern bezeichnet. Man sitzt auf ewig langen Baenken (siehe mein letzter Eintrag), die wirken als seien sie aus der Klassikabteilung der Standardgastroeinrichter. Irgendwie ist ja Holz wieder in. Irgendwo ein Bisserl Farbe und unbedingt ganz kleine Fenster mit Sprossen, damit man die atemberaubende Landschaft nicht sieht.

Die Kellnerinnen taenzeln im Dirndl durch die Gegend und tragen dabei laengststielige Superdesignerglaskonstrukte(demnaechst trinken wir aus dem Designertassilokelch). Serviert wird auf allen erdenklichen Tellerformen und -farben hausgemachte Nudeln mit Morcheln, Fruehlingsrolle, Kaninchen mit Rosmaringnocci,... - also die wesentlichen Bestandteile oesterreichischer Hausmannskost. Die Komponenten dieses Abends krachten aneinander wie seismische Platten in der japanischen See.

Um mich nicht falsch zu verstehen: Ich liebe richtig gute alte Wirtsstuben mit Schweinsbraten, Knoedel und einem gepflegten Bier und dort darfs auch ein Dirndl sein. Von mir aus kann sogar Radio OOE aus den Boxen dudeln. Ich schaetze die Gaststube und die Kueche beim Jell in Krems, beim Weiermann in Freistadt oder beim Reinthaler im Ersten. Genau so wie ich eben gerne bei Walter Bauer einen romantischen oder bei Heinz Hanner einen experimentellen Abend verbringe. Dort erlebe ich den subjektiven Eindruck von Ehrlichkeit. Dort fuehle ich keine falschen Marketingideen, um den Wienern im Trachtenjopperl oder den Moechtegerntrendies ein Kreutzerl mehr aus der Tasche zu ziehen. Ich will nix mehr, als eine ehrliche und intelligente Abstimmung von Kueche, Raum, Service und Keller.

Im Uebrigen bitte ich darum, allfaellige Beistrichfehler zu entschuldigen.

11 Kommentare | Kommentar abgeben

Minimalist, 02.05.06 @ 15:55

schummrig
Wie immer um diese Zeit. Gemeinsam mit pastinake: Business in und rund um Oxford. Diesmal wieder: wohnen in Woodstock. Im "The Feathers". Einem alten Kasten mit schiefen Wänden und krummen Böden (alles Zylindrische rollt unweigerlich vom Nachtkastl).
Das Restaurant, eine "Bibliothek", mächtige dunkle alte Möbel, viel Gepolstere, "Kravattenmuster", Teppiche, schwere, edle, weisse (nicht edelweisse) Tischwäsche, kleine Fenster, schummrige Beleuchtung. So möchte ich keinesfalls wohnen.
Das Essen? Moderne französich-englische Küche.
Kleine Schottische Jakobsmuscheln, sanft gebraten, mit roher Brunnenkresse (watercress) und ein paar "winzigen" Stifteln gebratenen Schwarzwurzeln. Seeteufel aus Schottland, sanft gebraten, mit Pastinakenpüree. Heilbutt aus Bristol (ja, sanft gebraten) in einer suppigen Muschelsauce/mit Muscheln, Jungkraut und Speck. Butterzarte "Schweinswangerl" mit karamelisierten Schalotten,....das beste Sirloin (vom schottischen Farmer McDuff) meines Lebens,..
Ich habe mich so unglaublich wohl gefühlt.
An einem Abend: am Nebentisch, serbo-kroatische Unterhaltung, daneben, ein britische Paar über 70; lang aufgeschossen vom Typ "mittlerer Adel".
Beim gehen, er zum Balkantisch: "what language do you use?". "Serbo-croatian!". "Attractive noise", "attractive noise", "hmmm, hmmm,.."
Dabei verschwindet selbst das Ambiente im Nichts.

hypercube, 28.04.06 @ 16:11

Bilder an der Wand
Ein sehr früher Eintrag über ein weiterhin gern besuchtes Restaurant in einem Dorf enthielt neben einem großen Lob für die Küche, eine abschätzige Bemerkung über die Wahl der Bilder in der Gaststube mit der abschließenden Frage in Richtung, ob gute Köche und schlechter Geschmack bezüglich Raumgestaltung zwangsläufig zusammengehören. Ich verneine diese Frage inzwischen strikt. Wurde ich doch nach über zwei Jahren und einigen Besuchen in diesem besagten Restaurant von den reizenden Wirtsleuten zur Rede gestellt, ob wir diesen besagten Artikel geschrieben hätten. Etwas peinlich berührt und demaskiert gab ich die Autorenschaft zu. Mir wurde versichert, dass nunmehr die meisten der damaligen Bilder am Dachboden lagern und man sich die Kritik sehr zu Herzen genommen hat.
Überrascht hat mich natürlich, dass die Kritik eine große nachhaltige Betroffenheit ausgelöst hat und wie ich enttarnt wurde (über meine damals zu mir genommen und in der Kritik beschriebenen Speisen ist es ihnen gelungen). Gefragt habe ich mich, ob es nicht so sein könnte, dass die Mehrheit der Gäste einfach keine guten Geschmäcker haben und die Wirte nur kundenorientiert den Raum ausstatten. Und ich fürchte es wird so bleiben.

PICCOLO, 25.04.06 @ 21:56

A niada wiara koun...
Es ist wahr, es gibt die - ich sage Proleten der studierten A- Schichte,- welche ihren Finger auf uns Hauptschulabsoventen zeigen wenn wir uns vertippen; Beistriche sind tatsächlich Kunst, gerade dann wenn sie die Einzigartikeit besitzen, dort zu stehen wo Doppeldoktor Einfaltspinsel sie auf keinen Fall versteht.

Vieles andere in der Gastronomie würde sofort wieder Kunst sein, hätten Köche und Kellner die Courage sich von gewissen "alte Hüte - Formeln" zu verabschieden. Vor allem vom "Beknieen" ihres "aufsässigen" Klientels. Was auch wieder bei der Innenausstattung neu konzipierter Gastroarchitektur so sichtbar wird.

Ordinär wie ich bin, verstehe ich die oft so derbe Akusmatik modernen Interieurs etwa so: Komm und "f---" mich, Bitte f--- mich.

Die Zeit der Be - Diener ist vorbei. Die Gutesser müssen heute schon wie moderne Bettler um wirklich gutes Essen durchs Land fahren...

Ned - bös - sein liebe Leute...

profiler, 25.04.06 @ 16:24

grundregeln der
solche dinge wie cooperate design oder cooperate identity, die eigentlich grundvoraussetzung für ein funktionierendes konzept wären, werden neuerdings bei vielen eröffnungen von lokalen völlig ausser acht gelassen. warum das so ist lässt sich von mir nur sehr schwer oder unzureichend beantworten, aber ich vermute, dass die zukünftigen
"unternehmer oder wirte" oft nur ihre innenarchitektonischen ambitionen ausleben wollen und dabei vergessen, dass die wirklich wichtige arbeit erst dann anfängt wenn der schlüssel im schloss zum aufsperren umgedreht wird.


gruss

sonjaaa, 25.04.06 @ 13:18

Beistriche
Nachdem ich niemals eine AHS von innen sah, sondern als Techniker maturierte setze ich die Beistriche nach aesthetischen Gesichtspunkten. That s it!

Ich kenne aber Leute, die mit Rotstift ueber meine Briefe gingen, etc. Tja und bei Zeitungstexten habe ich immer noch Sonja als Korrekturabteilung.

lg
MH

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