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Das Gastlog
04.09.06 @ 16:45
der vorlaeufig letzte Eintrag
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Liebe Speisinger,
jetzt wird s foermlich - denn ich werde mich mit diesem Eintrag vorlaeufig als Gastschreiber verabschieden und auf die Sonjaaabank zurueckkehren. Und um nicht in Wehmut auszubrechen geh ich noch einmal zu meinen webloganfaengen zurueck und beginne mit einer kleinen Geschichte.
Mit sehr zarten Jahren (so ab 4 glaub ich) durfte ich mit meinem Grossvater nach der (quaelenden) Sonntagsmesse in Weitersfelden immer mit zum Fruehschoppen in s Wirtshaus. Fuer ihn 2 Bier, fuer mich ein Kracherl und fuer uns beide ein gemeinsames Beuscherl. Seit damals liebe ich dieses Gericht. Soweit ich mich erinnern kann hat dieses, sehr klassische Muehlviertelstammtischgericht keinen Riesling enthalten. Ich wage anzumerken, dass der einzige erhaeltliche und bekannte Wein damals der G´spritzte war. Den Riesling gab s vielleicht in der Wachau, aber das Beuscherl - ohne Riesling - war trotzdem gut.
Warum ich das erzaehle?
Weil mir das ewige Echtheits- und Traditionsgehabe in der Gastronomie und auch sonst ueberall gehoerig auf die Nerven geht. Ob Herzerlstuehle vom Wiesner und Hager, echte Bauernschraenke vom Voglauer mit der Wurmlochmaschine praepariert oder traditionelle Maishenderlbrueste (??), Rieslingbeuscherl (??), Marillenknoedel (??),... Ohne Marillen aus China, Zucker aus Indien und dem Knoedelrezept aus Mondsee gaebe es die angebliche Tradition nicht und ich finde das herrlich. Das ist Fusion nach meinem Geschmack. Ich will auch gar kein Schnitzel im Schweinefett mehr - dafuer bewege ich mich zu wenig und ich find die neue Zubereitungsart wohlschmeckend. Nach Omas Rezepten (ich habe ein handgeschriebenes Kochbuch von ihr) kann ich nicht mehr kochen - sie hat anders gelebt. Grundguetiger, es ist doch herrlich, dass sich die Kueche weiter entwickelt.
Aber bitte, bitte, bitte lassen wir uns nicht mehr laenger mit diesem Traditionsgelabere, mit dieser angeblichen Authentizität verarschen.
Um mit den Worten von Wolf D.Prix abzuschließen: "der Denkmalschutz ist die schlimmste Waffe der Mittelmässigen" - und jetzt MH "die Tradition ist die Keule mittelmaessiger Gastronomie".
Stenkern zum Abschied. Es hat Spass gemacht und Zitat Tintifax: "ich kooomme wiiiieeeder"
46 Kommentare | Kommentar abgeben
profiler, 08.09.06 @ 12:48
@ alle inklusive mir selber
obwohl es mir nicht zusteht..... ich mache es trotzdem. ich bitte alle beteiligten sich zu beruhigen und zu einer sachlichen basis zurück zu finden. bevor hier alles explodiert.....
mir bedeutet dieses weblog einiges und es wäre sehr bedauerlich wenn die betreiber wegen dieser vorgänge das handtuch werfen würden.
gruss
Minimalist, 08.09.06 @ 10:16
@piccolo
sie können mir beliebig viele, auch mehrlamellige Scheuklappen aufsetzen. Sie wissen ja "i bin i und waun i nur 2 deka wieg".
Aber dass ihrem zweiten ich, dem mykologen (mit welchem Sie sich immer selbst loben), zum wiederholten mal nichts anderes als "mausi auspannen" einfällt, zeugt von einem bewundernswert differenziert-analytischen Diskussionsniveau.
Freuen Sie sich auf Ihre Minister und Bürohasen.
p.s. Einfaltspinsel? Wären Sie das, würde ich Sie bitten, mit mir öfters "auf ein Bier" zu gehen. Sind Sie aber nicht.
5622, 08.09.06 @ 10:10
@minimalist
nicht schlecht herr specht. aber boulez halte ich nur in seinen interviews aus. der ist mordsgscheit und noch dazu sympathisch. wenn ich seine musik höre, explodiert mein schädel. oder nehmen sie stockhausen. der lässt hubschrauber eine sinfonie fliegen. molekularküche ist essen für übersättigte, genauso wie die experimentalmusikanten musik für eine übersättigte minderheit machen. denen seien die experimente auch gegönnt. der beste song von john zorn heißt übrigens "meditation": das ist fünf minuten lang stille, kein einziger ton. ich hab ihn mir damals von lp auf kassette aufgenommen ;-)) das ist lustig, das es so was gibt. aber mein herz geht nur auf, wenn ich jacques brel höre, van morrisson und wenn aznavour "hier encore" singt, dann beginn ich vor lauter melancholischer freude zu weinen. das schaffen boulez, stockhausen und zorn in tausend jahren nicht - so schaut's aus. jetzt glaub ich muss ich euch ein wochenende lang verlassen. einen tipp hab ich noch für euch: essen im dunkeln im salzburger magazin am 13. 9., das ist eine gast-va von michael schulz und dem musiker moßhammer.abgedunkelte brille auf, mund auf und vertrauensvoll abgewartet, was dir in den mund geschoben wird. da erlebt man sachen. (nein piccolo. nicht das, was du meinst...) ich kann nicht dort sein. wenn einer von euch dabei ist, wäre ich gespannt, was er zu erzählen hat.
Minimalist, 08.09.06 @ 09:53
@5622
Es gibt aber neben Harnoncourt und Rattle noch den Experimentierer Pierre Boulez (ein haebelin'scher Blumenthal oder umgekehrt?).
Und nach John Coltrane gibt es John Zorn; und Fred Frith und viele ander Experimentierer, ohne deren Experimente wir viele "Neue Musik" einfach nicht hätten.
Aber auch Fusion: Ry Cooder mit Ture, Henry Kaiser mit madagaskischen Volksmusikern,...
Was ich schwer verdaue. "Musik die mir gefällt ist gut, andere treibt mich auf den Mond..."
Und noch ein molekular-musikalisches Paradoxon.
Musikforschung benennt zu "Musikeigenschaften und dadurch hervorgerufenen emotionale Reaktionen (Tränen, Gänsehaut, Pulserhöhung)"-->
melodische Höhepunkten, enharmonische Verwechslung, Beschleunigung zur Kadenz, neue bzw. unvorbereitete Harmonie,..
(also eher "Brüche" als "Harmonie"?)
Dazu, "Musik im Kopf", Manfred Spitzer
In diesem Buch kann ich auch nachlesen. Als reiner Konsument, werde ich Musik nie so feinfühlig und differnziert hören wie der Musiker tastatur.
Und ähnliches "erfahre ich" als reiner Esser (ich bin ein lausiger Koch) in Diskussionen z.B. mit profiler. Daher kommt meien sehr hohe Meinung von den "suchenden", analysierenden, experimentierenden KöchInnen. Kreative Nachahmer haben wir genug.
5622, 08.09.06 @ 01:06
@tastatour
yes, memphis, tennesse - endlich kommt bei den speisingern mal musik rein. hab mich vielleicht kompliziert ausgedrückt. mit elektropop meine ich sachen wie daft punk aus frankreich, kraftwerk aus deutschland, blue asia aus japan, Hamid Baroudi aus Algerien oder arling & cameron aus holland - die ganze welt ist mit dem loungezeug gleich gestrickt. hört sich alles gleich an, weil sie alle irgendwann mal jean-michel jarre und kraftwerk kopiert haben. beim essen ist es ähnlich. amador in deutschland, blumenthal in england, auch schon der mayer im schloß prielau, bonelli in hongkong - überall die gleiche masche mit pipetten, stickstoff und explosion am gaumen.
bei der - wie ich meine - echten musik steckt immer tradition drin: rammstein kanns so nur in deutschland geben, falco nur in österreich, benjamin biolay nur in frankreich und miriam makeeba nur in südafrika. biolay in südafrika? die bringen ihn um wenn er melancholisch "novembre toute l'annee" singt. musik sollte deshalb für die küche ein vorbild sein, weil sie neues zulässt ohne das alte in frage zu stellen. ganz einfach. hier fragt man sich ständig: tradition oder moderne? und das fragen sich auch die köche, die intellektuell meistens leider nicht so gut aufgestellt sind. also laufen sie wie die hühner den geschmierten lifestylejournalisten hinterher und irgendwann ist es vorbei mit der regionaltypischen küche, weil jeder glaubt, dass einen werbevertrag nur der kriegt, der wie adria brav für nestle schokolade designen kann.
i glau i varenn mi scho wieda ...
--- 04.09.18 @ 20:56
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Über würdige, reife Weine / schischi: Mein persönliches Highlight - Uns hatte einmal ein Winzer, das muss so um 2010 gewesen sein, einen Weißwein... [mehr]
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