Home | Blogs | Peter Gnaiger's Sternen-Logbuch | 11.05.07

Peter Gnaiger's Sternen-Logbuch

11.05.07 @ 19:25

Nackte Tatsachen

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Pudelnackt ließ sich Didi Dorner, Koch im Irdninger Falkenhof, für das Gastro-Magazin Rolling Pin fotografieren. Eh super, habe ich mir gedacht. Wir haben schon nackte Models, Schauspieler, Feuerwehrmänner, Rauchfangkehrer, Eisschnelläuferinnen, Bauern, Bäuerinnen und sogar einen fast nackten Finanzminister gesehen. Jetzt ist eben auch ein Koch dazugekommen, der endlich geschnallt hat, wie man garantiert gratis in die Zeitung kommt. Trotzdem habe ich den "steirischen Außerirdischen" sofort angerufen, um ihn nach seinen Motiven zu befragen - und da habe ich dann doch gestaunt.

Dorner erzählte, dass er sich "verwundbar" präsentieren wollte, um so für mehr Verständnis für den Beruf des Kochs zu werben. Er vermutete, dass es kaum wo so viele Nörgler in der Gastronomie gebe, wie in Österreich. Schuld daran seien auch überlieferte Sprüche aus grauer Vorzeit wie "Der Gast ist König". Denn dieser Spruch ließe den Umkehrschluss zu, dass der Koch Sklave sei. Und das sei heute wohl wirklich nicht mehr zeitgemäß. Um sich von diesen Fesseln zu befreien, hätte er in der Praxis folgende Vorgangsweise verinnerlicht. Beschwert sich ein "offensichtlicher Nörgler", dann schlage er ihm vor, die "Geschäftsbeziehung" vorzeitig abzubrechen. Da ist natürlich Fingerspitzengefühl gefragt. Denn konstruktive Kritiker seien sehr wohl erwünscht. Nur die "Gschaftlhuber" könne er nicht brauchen. Weil sie nicht nur ihn verärgerten, sondern auch die anderen Gäste, denen die Störenfriede den Abend verderben würden. Das hat er schön durch die Blume gesagt. Kurz und bündig möchte ich es aber so zusammenfassen: Er schmeißt jene Gäste raus, die ihm nicht behagen. Auch auf die Frage, ob er keine Angst hätte, mit diesem Verhalten kulinarische Auszeichnungen zu verlieren, antwortete er sehr offen. Er sagte: "Angst habe ich nur, meine Tochter zu verlieren - oder mein Leben. Alles andere ist Beiwerk ohne wirklichen Wert."

Ich fand diese Offenheit entwaffnend. Und was seine freizügigen Fotos betrifft: Die waren allesamt nicht annähernd so verlogen berechnend wie die allseits bekannten Fotos all jener "Grinseköche", die sofort wie wild mit dem Schneebesen in einem leeren Topf zu rühren beginnen, sobald sie einen Fotograf erblicken - oder sich mit der Kochmütze glücklich auf dem Wochenmarkt ablichten lassen, obwohl sie in der Praxis längst nur noch im systematisierten Großhandel einkaufen.

Es ist kein Wunder, denk ich mir, dass sich vieler Gäste gegenüber dieser so oft zur Schau gestellten "Volksdümmlichkeit" mancher Köche, wie die Könige fühlen. Und Könige halten eben hin und wieder gern den Daumen nach oben - oder nach unten…

Da ist mir Dorners "Mediengeilheit gepaart mit Mut" allemal lieber.

Das meint zumindest euer Peter Gnaiger

und was meint ihr?

55 Kommentare | Kommentar abgeben

piccolina, 18.05.07 @ 10:59

Die lieben Kleinen...
Von der diktatorischen Erziehung der Kinder, bis zur absolut fehlenden Einflussnahme auf die Kleinen liegt ein weites Feld... -
Ich weiß nicht, ob ich mich schuldig gemacht habe, als ich meiner Tochter Benehmen beigebracht habe, doch sie konnte sich schon als 3-jährige so benehmen, dass sie im Restaurant nicht unangenehm auffiel. Sie wusste, dass es Situationen gibt, bei denen man eben einfach einmal nicht "toben" darf. Ebenso gab es im Supermarkt keine Schreianfälle, weil wir es vorher ausgemacht hatten, ob sie sich etwas aussuchen darf oder diesmal nicht, weil am Ende des Geldes manchmal noch so viel Monat übrig war.
Erst vor wenigen Tagen sagte sie mir, dass sie froh sei, dass ich ihr das "Grundbenehmen" für Leen beigebracht habe, sie kann es gut gebrauchen und sie bewegt sich sicher auf dem glatten Parkett der Öffentlichkeit. Wer diese Erziehung seinem Kind versagt, schadtet ihm lebenslänglich, denn es ist schwer, das nachträglich zu erlernen.
Erziehung ist für mich nicht das Rohrstaberl, sondern eher ein "Betriebsanleitungsvorschlag" für das gute Zusammenleben der Menschheit. Mich wundern auch die starken Nerven der Eltern, die ihre kleinen "Monster" so gelassen ertragen, obwohl das Umfeld schon heimlich an Mord denkt... - bis heute habe ich es geschafft, mich zu beherrschen ;-)


PICCOLO, 18.05.07 @ 10:49

@Kinder sind wir alle...
..aber brave Kinder. Am Wolfgangsee ging die Tourismuswelt unter, als ein Hotel darauf hingewiesen hat dass es nur für Erwachsene da sein will. Keine tobende Rasselbande und keine Spielgeräte wo man als Wirt immer mit einem Fuß beim Gericht ist.
Ich fand es wunderbar. Denn wenn man die Proll- Wirte anschaut? Jüngst eröffenete in einem Ort hier eine Pizzeria als Nobelgastronomie in der Werbung stand "Drei - Haubenniveau aber auch ganz normale Hausmannskost" - italienischen Schlags. Riesige Werbung, drei Wochen voll. Jetzt sieht man an der Strasse Plakate: Biker welcome, Radler welcome, Kinder welcome, Busse welcome noch 2km.. ....
Es gibt wirklich einen Pöbel, der will überall alles, hat keinen Hund und regt sich über Hundeverbot auf, hat kein Kind, weiß vielleicht nicht einmal wie man eins macht und regt sich auf... Aufregen ist einfach fesch!
Und natürlich kann keinen Ton singen und kennt das hohe C auf der Stradivari gepielt.
Am Ende gehts dem Nörgler doch nur um eine Art Chanelling. Er will dass alle so sind wie er und dorthin gehen wo er genre wär und vielleicht auch um halt andere dorthin zu bringen wo Du bist... Ich kann mir vorstellen da gibts wen der hat seinem Kind das Klavierspielen eingebleut, und jetzt sieht er dass dort wo sein Sohn sitzen soll noch der udo Jürgens klimpert. Voll normal der Wahnsinn....

kubse, 17.05.07 @ 23:26

Kinder sind wir alle ;-)
Bist deppert, piccolo! Die Kinder zu erwähnen, ganz schön mutig! Aber wie Recht du dabei hast!

Wenn ich mir die Aussagen vom Dorner noch mal durchles, da gibts so viel, was mir in meinem Metier genauso begegnet: Die vielen Nörgler. Allein schon, wenn Fehler passieren. Da gehts noch lang nicht um Kunst oder Geschmack, sondern einfach um jederzeitige Reproduktion von CD-Qualität, so parallel zu deinem Stress, oder? Ein Gericht in immer derselben herrausragenden Qualität wieder zu kochen, jederzeit.

Was dann mit dem Kunstgeschmack weiter geht, aber das führt uns ganz woanders hin. Nur auch hier: Menschen, die sich einfach alles anmaßen. Sie verbreiten etwas, das mir auch beim Dorner begegnet, nur später: Angst. Wenn er die schon nciht hat, wie er sagt, warum wirft er dann die Gäste raus? Hätte er tatsächlich nur um seine Tochter Angst, dann wär ihm das Benehmen der Gschaftlhuber und Grantler wurscht, und er könnte sie sitzen lassen. Aber ganz so ehrlich scheint mir diese Aussage dann doch nicht. Ja, ich seh da schon eine Verbindung zwischen Angst-Aggression-Rauswerfen, sosehr die Typen auch nerven mögen.

PICCOLO, 17.05.07 @ 22:03

@kubse
Es ist so: Wer den Beruf erlernt, der zum "Wirt" führt, bekommt leider fast nie eine Ausbildung wo man beide Seiten reel aufzeigt. Ich sags brutal: einerseits will man dass geschmeichelt wird. Das endet zumeist ganz arg in üblen Formen klassischer Arschkriecherei. Schon die Werbeprospekte fasst man so ab. Man definiert viele Sachen die man sagt nich vor dem Personal. Was ist "Vom Feinsten" Was ist "Edler Tropfen" usw.. Man schmeichelt den Produkten und endet im kleingeistigen Schrott, verkitsche Sprache usw.. Man stellt Regeln auf, die nicht notwendig sind. Denn Anstand und Sitte schließen gewisse Dummheiten nicht aus. Wieviele gute gesunde Lacher haben und hatten wir nicht gerade deshalb??

Etwas "Lebenskunde" täte jeden Azubi gut. Warum muß ich jemandem Schmeicheln? Weil es gut tut, jemand ist kränklich, hatte vielleicht Pech usw. Dem kann ich nicht mit meiner Hirnschwangerschaft als Wirt noch strafen. Pietät ist gefragt, Vorsicht - und man muß den Leuten immer erklären warum. Das geschieht nicht. Man streichelt nicht - man massiert gleich. Und der Kunde hat immer recht. Auch wenn er schwierig ist.

Umgekehrt muß ich als Gastronom damit leben dass jeder in mein "öffentliches" Haus eintreten kann. Gasthäuser haben ein besonderes Aufenthaltsrecht, das vielen Wirten nicht bewußt ist. Das ist nicht des Wirts - Haus! Ablehnen kann man fast keinen, der bekleidet ist und sich benimmt. Sogar niedersitzen muß man ihn lassen. Je mehr er konsumiert, desto mehr wird ihm der Wirt Rechte zugestehen.

Mir ist aber der Prahlhans der vielleicht bei der runde im Gastzimmer Kopfschütteln und beim anderne Neid auslöst lieber, als der smarte Knigge Fetischist, der aber im unbeobachteten Klo die Energiesparbirne fladert..... Oder eine gepflegte Sauerei anrichtet und weil er so ein Mauerblümchen ist nicht meldet. .

Erzieher darf ein Wirt in keinem Fall sein, denn was ein Gast im Lokal redet und tut, das ist seine (Gast) Sache. Er darf nichts beschädigen, aber ohne weiteres den Wein aus der Flasche trinken, das Schnitzel mit den Fingern essen und seiner Mausi unterm Tisch das Hoserl ausziehen. Wenn er ein guter Trinkgeldspender ist kann er sich sein Gesicht mit der Deckserviette abwischen.

Viel schlimmer, und darüber getraut sich der heuchelnde Gastronomeplebs nicht ein öffentliches Sterbenswörtchen zu verlieren, sind quengelnde Kinder in einem Alter wo man eigentlich annimmt dass sie wissen was ihr Lärm für den Gastronomen bedeutet und deren Eltern das völlig egal zu sein scheint.
Ich wünsche dem Raumschiff Eierspeis eine guten Flug in den Beta Quadranten. Dort solls ein paar Planeten geben..... rechts von der Wega!

kubse, 17.05.07 @ 18:43

Dummheit tut weh
...aber immer nur den Anderen.
Ich glaub prinzipiell auch, dass Dummheit nicht zu heilen ist, auch nicht durch Coaching. Und der Didi Dorner wird sich nicht gegen Dummheit von Gästen schützen können. Ich halt es ja mit dem Patzig - auch ich mag nicht vom Wirten erzogen werden. Ich möcht für mein Benehmen schon selbst verantwortlich sein.

Es gibt ja Wirten, die genau auf solch einseitige Klientel aus sind, die Tuchlauben wurde in dem Zusammenhang einmal genannt. Wenn das einer nicht mag und trotzdem wird nur wichtig herumgemotzt, dann sollte er sich überlegen, ob er nicht an sich und seinem Konzept was ändern könnte.

Grundsätzlich ist keine Branche vor dummer, halbwissender oder gehässiger Kritik gefeit. Also meine sicher nicht! Soll ich mich deshalb pudelnackert ausziehen? kamera her!!!

;-)

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