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Das Weinlog

10.11.05 @ 15:50

Gegenmuster

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Seit gestern sind wieder die Junker im Lande, das wohl genialste Marketingkonzept zur Restlverwertung, könnte man mit ein wenig Boshaftigkeit sagen. Aber so ist das mit der Steiermark:

Der Steirer an sich liebt das Steirische im allgemeinen, von den gezogenen Zwielauten bis zur Klachlsuppe. Der Österreicher an sich liebt das Steirische im besonderen, allem voran den steirischen Wein. So er frisch und fruchtig ist, seine Holunderdüfte ordentlich verströmt und Paprikaknackigkeit am Gaumen platzen lässt, vor lauter Primäraromen den Wein vergessen macht oder auch ganz dicht und cremig und holzbewusst mit Volumsprozenten protzt.

Wenn ein steirischer Winzer Wein macht, der den herrschenden Sitten gegenläufig ist, wo das Steirische also nicht beim ersten Schnuppern schon über den Glasrand entspringt, und überdies auch noch biodynamische Methoden wagt, ist nicht zu wundern, dass seiner verweigerten Mustergültigkeit nur Nischenaufmerksamkeit gegönnt ist. Die Aufstellung eigener gültiger Muster aber verdient wohl genauere Betrachtung.

Sepp Muster war einmal Winzer wie alle anderen auch. Dann geschah ein lebensveränderndes Ereignis mit nachfolgenden Jahren der Reflexion und Findung. Der Weg führte ihn wieder zurück zum Wein, wo er sich mit Mut und der nötigen Gelassenheit in die Geschicke eines Weinbaus begeben hat, der die Balance von den vorgefundenen Ressourcen Boden, Rebe, auch Klima und den notwendigen menschlichen Eingriffen bei Bearbeitung, Vorsorge und Gewinnung sucht, mit einer Haltung, die übers schlicht Naturnahe hinauswächst in einen geradezu spirituellen Ansatz. Zwar werden in Leutschach keine mistgefüllten Kuhhörner vergraben, wie es burgundischen Winzern nachgesagt und auch beim großen Lageder praktiziert wird, aber die intensive Beschäftigung mit biodynamischen Arbeitsmethoden und eine Sichtweise des Winzertums, die nicht den Markt, sondern den Einklang in sich sucht, machen seine Arbeit so bemerkenswert. Und seine Weine.

Morillon Graf 2003: Ein goldenes Schimmern im Glas, das zunächst zarte Trockenfruchtaroma gewinnt zunehmend Karamelltöne – doch von diesem Locken darf man sich nicht täuschen lassen, die herbe Strenge/Ernsthaftigkeit, mit der der Wein plötzlich die Mundhöhle füllt, bei gleichzeitiger Samtigkeit, das Schmeicheln und Fordern, das Spiel und der Nachhall – kein rundes und eindimensionales Gebilde ohne Ecken und Kanten, sondern ein von Vielfältigkeit und Lebendigkeit erfülltes Wesen.

Der Welschriesling: Kein Wein für den allzu schnellen Verbrauch (aber Muster-Weine haben die Langlebigkeit immer in sich), kein Einjahreswesen, sondern einer, der dann, wenn andere schon leer und leergetrunken sind, sein weiteres Leben beginnt.

Sauvignon Graf: Lage. Wein über die Rebsorte hinaus. Wo kommt der Wein noch her? Aus Frankreich? Ach, Steiermark!

Der Zweigelt: Augen schließen. Transparenz in der Aromatik, leichtfüßige Fülle (wenn es so etwas gibt). Die Flasche war (allein getrunken) so schnell leer, dass es für Notizen nicht mehr gereicht hatte. Nur mehr für Schwärmen und eine wohlige Erinnerung.

Wenige anderswo vorgefundene Verkostungsnotizen zeigen: die Eigenwilligkeit der Weine macht sie zu nicht allgemein verständlichen. Aber müssen sie das sein?

WEINGUT MUSTER SÜDSTEIERMARK A-8463 Leutschach, Schloßberg 38
Steiermark, Österreich T. +43(0)3454/70053 Email: info@weingutmuster.com

12 Kommentare | Kommentar abgeben

andreasbigler, 14.11.05 @ 12:48

Der schlimmste Verkostungstag!
Das ist für mich immer der Tag der Jungweinverkostung, egal ob das Junker oder Junger Österreicher heißt. Im Normalfall bin ich ein fleißiger und auch ganz guter Verkoster (100 Weine und mehr durchchecken), aber bei den Jungweinen muss ich jedes Jahr spätestens bein zwanzigsten das "Handtuch werfen", mein Organismus kommt mit den vergewaltigten Weinen einfach nicht klar und es ist auch schade um die Menge, die dafür "geopfert" wird, aber wie heißt es so schön auf Neudeutsch? Mainstream, oder so ähnlich ......

Yuppidu yuppidu, sand die hochwohlgeborenen Schnösl heit wieda zu!

profiler, 11.11.05 @ 12:54

entschuldigung....
der obige eintrag sollte eigentlich auf der nachbarseite landen, vielleicht kann die verehrte frau riegl da was machen.

verzeihung

profiler, 11.11.05 @ 12:51

unnötig bis ins letzte...
ich, für meinen teil, halte diese affenhirn diskussion für absolut entbehrlich.
und zwar bewegt sich diese thematik völlig ausserhalb des üblichen ethischen rahmens, der das töten von tieren und das darauffolgende verspeisen derselben beinhaltet.
diese art von "mutprobe" in form von ordinärer ekelüberwindung hat aber auch schon gar nichts mit dem zu tun, womit sich zivilisierte menschen mit esskultur identifizieren.
deswegen ist es auch nicht nötig, sich gegenüber unkompetenter zurufe von trittbrettfahrern, zu rechtfertigen.

gruss

pastinake, 11.11.05 @ 08:12

Ich will beide?!
Vielleicht, nach einer fairen Blindverkostung von gleichsortigen Weinen beider Winzer. Ich denke, man wäre ja sein eigener Feind, hier mit "statt" zu argumentieren. Muster habe ich vor einigen Jahren zuletzt getrunken und keinen bleibenden Eindruck erhalten, das kann sich ändern. ad's Notizen klingen jedenfalls vielversprechend.

pivu, 10.11.05 @ 18:35

Muster STATT und IST Gross
Ja, so kann's kommen, 'Nussberg' und 'Sulz' hatte und hab' ich auch noch, runter bis 97 bzw. 99. Aber nicht mehr nachgekauft, seit mich der sympathische Sepp mit seinen 02er Weinen erstmals beeindruckt hat. Dem als 02er noch reinsortig abgefüllten Sauvignon 'Sgaminegg' wurde gar das Prüfsiegel verweigert, es sind halt Anti-Steirer. Und ein gar nicht kleiner Weinhändler probierte es mit dem Muskateller als Einstiegsdroge, freilich nicht ohne anzumerken: "Im nächsten Jahr geht's schon ein bissl fruchtiger, gell." (Und das beim Muskateller ...) Apropos "nächstes Jahr": die 03er sind wirklich groß, nicht so karg-puristisch sondern mit ordentlich Fleisch, ohne üppig oder alkoholisch zu sein. Die Lagenweine durften auch gleich 2 Mal im Fass überwintern. War ja auch genug Platz aufgrund der geringen Ernte 04. Und reifen tun sie auch, hoffentlich, wäre schade um meinen 94er 'Sgaminegg'.

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