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Das Weinlog
30.07.04 @ 01:59
Memories of Lofentol
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Das Leben des Kosters ist voller Hintersinn und Irrwitz.
Gestern ein Château Latour 1989, ein Wein wie die Leonoren-Ouverture, heroisch, siegestrunken und dennoch konsumierbar. Heute ein Ruländer aus dem Lofentol. Für Nichtwissende: Er stammt aus dem Weinbaugebiet Kärnten, und das Lofentol nennen Nichtkärntner Lavanttal und glauben, es sei nach der Dichterin Christine Lavant benannt.
Gott, welch ein Augenblick.
Das Lofentol, eine gute Mostgegend, kreißte und gebar, nein, keinen Weinzwerg namens Perkeo wie das notorische Heidelberger Riesenfass, sondern einen Wein, der diesen Namen tatsächlich verdient. Wenn man sich einmal damit abgefunden hat, dass ein Weinfass auch nicht wesentlich anders funktioniert als ein Mostfass, dann kann man, was aus dem Glase strömt, glatt für Birnentöne halten. Nicht, dass Birnentöne für einen Ruländer (für Nichtwissende: Pinot Grigio) konstitutiv wären, aber für das Lofentol sind sie es allemal, und für Schloss Thürn schon überhaupt.
Aber lassen wir die Erinnerung an Williams Christ, sondern lassen uns lieber den Wein über die Zunge schwappen, und, hoppla, das kommt Fruchtsüße auf. Da mag die Apfelsäure (pardon: Birnensäure) sich noch so hurtig die Speiseröhre hinunterschrauben, es bleibt was Karamelliges an den Papillen hängen, das man den Lofentoler Mostwinzern ebenso wenig zugetraut hätte wie die Tatsache, dass man dem Mostboden hier doch glatt 13 Vol.% Alk. abtrotzen kann. Und setzt sich da nicht auch noch etwas Kräuterbitteriges am Gaumen fest in dieser alten Grenzmark, wo die Luscht noch allemal von Luschtock kommt?
Nein, Luschtock ist es nicht, der hat sich eher noch als beiläufige Reminiszenz an den gestrigen Turmwein an meinem Gaumensegel verfangen. Es ist eher die Minze, die das Lofentol beisteuert. Aber keine Angst, der Wein soll ja nicht zum After Eight passen, sondern zu Kärntner Kasnudeln, und da ist die Minze auf jeden Fall drin.
Also nichts für ungut. Château Thürn wird man sich ebenso merken müssen wie Karl Heinz Wolfs Seewinkler Château Halbturn, das zwar keine Stricherl am ü, aber eben diese diminuiernde Bruchzahl 1/2 im Namen hat, die sich zum Preis dieses durchaus sehr achtbaren Weines leider reziprok verhält. Auch die Weine von Schloss Thürn sind kein wirklicher Bargain, da die Familie Gartner in St. Andrä im Lavanttal schließlich auch von was leben muss (und wenn das ausgerechnet in Kärnten der Wein ist, so darf man das als Hypothek bezeichnen). Aber wenn ich die Parameter Kärnten, Ruländer und Preis/Leistung in meinen Geschmackscomputer eingebe, so kommt eine recht achtbare Kennzahl heraus.
Zu beziehen ist dieser Wein, wie manche anderen karantanischen Gewächse (ja, tatsächlich, da rührt sich auch noch etwas am Fuss des Hemmabergs und im Gailtal) im Feinkostladen von Herwig Ertl (der, nebstbeu bemerkt, eigentlich ein Modehaus ist, aber viel bessere Weine und Delikatessen als Mode hat) in Kötschach am Hauptplatz 19, Tel.: 04715-246, Homepage: ertl@kaeseschokolade.at. Es gibt allerdings nicht sehr viele Flaschen davon. Ganz im Gegensatz zum Château Latour, wenngleich nicht unbedingt jenem des Jahrgangs 1989, den man leider auch schon suchen und wesentlich teurer bezahlen muss als die aufstrebenden Tropfen des jungen Kärntner Weinlands.
Wenn bloß diese Apfelsäure nicht wäre, die meine Eingeweide, während ich dies zu Papier bringe, wie ein Schwert durchschneidet. Oder sollte es doch Lofentoler Birnensäure gewesen sein?
Ich stehe dem Kärntner Weinbau dennoch wild entschlossen positiv gegenüber.
6 Kommentare | Kommentar abgeben
ChristophWagner, 31.07.04 @ 02:09
Ich darf daran erinnern...
...dass die ältesten Weine Östrreichs, zumindest urkundlich betrachtet, aus dem Eferdinger Becken stammen. Tatsächlich gibt es auch dort heute noch Einzelgänger, die ein paar Weinstöcke halten, allerdings eher wie Haustiere; und was die Säure betrifft, nach dem Motto: „Vorsicht, bissiger Hund!"
andreasbigler, 30.07.04 @ 22:15
Ganz so neu ist er nicht, der Weinbau in Kärnten....
vor einigen hundert Jahren wurde in Kärnten bereits Weinbau betrieben und heute erinnert man sich eben, dass die klimatischen Bedingungen und die Böden gar nicht so schlecht sind und wenn man die Kunst der Kellereitechnik beherrscht, dann kann man schon ganz gute Weinderl keltern. Die Steirer haben sich ja auch zu professionellen Weinmachern gemausert!
alma, 30.07.04 @ 19:32
wenn nun ...
... ein Wein, der aus einem gänzlich neuen Weinbaugebiet kommt, eine solche Eloge erhält (die zugegebenermaßen neugierig macht, auch wenn Detailangaben wie exakter Name und Preis fehlen), gleichzeitig aber mit einer offenbar unbotmäßigen Säure aufwartet, ist er dann in der Kategorie "glaubwürdig" einzustufen?
ChristophWagner, 30.07.04 @ 16:47
kein feiner Trick,...
...sondern ein Zeichen dafür, dass unser Webmaster die Intelligenz oder zumndest die Zuverlässigkeit der Autoren überschätzt.
Der Mann hat soviel Vertrauen in uns (und unsere Eitelkeit), dass er meint, wir würden eh jdden Beitrag freiwillig mit unseren Initialen zeichnen. In Wahrheit hacken wir die letzten paar Lettern in die Tastatour, klicken auf abschicken — und schon ist´s passiert.
So uneitel, dass wir dann die p.t. community nicht darüber aufklären wollten, wem sie diesen oder jenen hochoriginellen Gedanken verdant, sind wir dann aber auch wieder ncht.
steppenwolf, 30.07.04 @ 14:58
was für ein feiner Trick
Die Angewohnheit, seine Beiträge nicht zu unterzeichnen, sondern die Unterschrift in Form eines Kommentars zu verpacken, fällt nunmehr auf. Hängt das mit dem Wettbewerb der aktivsten Mitglieder zusammen?

--- 04.09.18 @ 20:56
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