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Das Weinlog

13.05.05 @ 21:32

Umami!

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Dies ist nicht etwa die schlampig ausgesprochene Aufforderung zum innigen Körperkontakt, sondern stammt aus dem Japanischen und wird auf der ersten Silbe betont.

Reife Tomaten, Käse, Fleisch, auch menschliche Muttermilch, Fonds und Extrakte haben allesamt eine Geschmacksqualität, die weder als salzig, süß, bitter oder sauer beschrieben werden kann, sondern eher eine Geschmacksintensität vermitteln. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand ein japanischer Geschmacksforscher heraus, dass diese Komponente durch Glutamat (eine Aminosäure) beigesteuert wird. Allerdings ist es die freie Glutaminsäure, die als Geschmacksverstärker wirkt.

In der Weinsensorik kam man bislang mit den genannten vier Geschmacksrichtungen aus, doch nach und nach dringt die Auffassung durch, dass - besonders bei gereiften Weinen - eben diese fünfte „Dimension” mitberücksichtigt werden muss, um zu einer ausreichenden Darstellung zu gelangen. Bei enzymatischen Prozessen wie der Gärung entsteht auch im Wein freie Glutaminsäure; in den Geschmacksknospen der Zunge sitzen Rezeptoren für Glutamat, und im Gehirn verfügen wir über Zellen, die Umami explizit empfangen. Allerdings ist das Gehirn gegenüber der Zunge mit 100 :1 im Vorteil bei den Rezeptoren: das macht das Definieren von Umami dann doch zu einem Feinsensorik-Unterfangen mit noch mehr Übungscharakter.

Hilfe bei solchem Üben könnte ein unlängst im Österreichischen Agrarverlag erschienenes Buch zur Weinsensorik liefern, das sich an Branchenprofis ebenso wie an Konsumenten mit weitergehendem Verkostungsinteresse wendet; bei aller Informationstiefe ist es so gut aufgebaut und zügig lesbar, dass auch relative Anfänger ihr Vergnügen haben werden. Autorin Julia Sevenich, eine in Tirol lebenden Weinakademikerin, baut nicht nur Umami als Beurteilungskriterium mit ein, sie räumt auch gnadenlos mit der liebgewonnenen Überlieferungsmär auf, dass wir auf unserer Zunge die vier Geschmacksrichtungen in Zonen wahrnehmen!

Stöße von Lehrbüchern falsch? Ein ganzes weltweit Vorbild gebendes Weinglasproduktionsimperium auf dünnem Eis äh Glas gebaut? Tatsächlich gründet diese These auf einer aus dem 19. Jahrhundert stammenden Untersuchung, die offenbar ungeschaut weiter tradiert wird, obwohl es mittlerweile ausreichend differenzierte neue Erkenntnisse dazu gibt.

Eine solche habe ich z.B. gefunden unter
www.sinnesphysiologie.de/hvsinne/schmeck/buds.htm
Unter dieser Adresse finden sich auch Seiten zu Umami und anderen sinnesphysiologischen Themen.

„Weinsensorik” avBuch im Österreichischen Agrarverlag 2005
ist direkt beim Verlag erhältlich: www.avbuch.at
Einige Exemplare werden auch beim speising-Fest um € 20,- verfügbar sein!

3 Kommentare | Kommentar abgeben

-ad-, 17.05.05 @ 19:20

mitnichten ...
... unterentwickelt, liebe Pastinake,
davon kann ka Red' sein - mir selbst erschließt sich Umami trotz theoretischer Definition keineswegs; aber ich finde es schon interessant, wie die Wissenschaft die zugehörigen Rezeptorenplätze zu solch eigentlich Undefiniertem zu entdecken imstande ist.

Ich könnte mir aber von der Buchautorin einen Umami-lastigen Wein nennen lassen, den könnten wir ja beim speising-Fest zu Trainingszwecken benützen - oder einfach genießen!

pastinake, 17.05.05 @ 16:58

unterentwickelte sensorik
ich glaube meine sensorik ist unterentwickelt: reife tomaten schmecken für mich süss-sauer, käse salzig bis bitter-süss, muttermilch erinnere ich nicht. OK - fleisch schmeckt noch am meisten nach etwas, das ich nicht definieren kann, eher neutral. soll ich jetzt zum chinesen um die ecke gehen und meine sinne an der glutamatveredelten Nummer 43 trainieren, damit ich beim gereiften wein eine 5. geschmacksdimension schmecke? warum soll mein sinnlicher genuss an wein gesteigert werden, wenn ich krampfhaft nach geschmäckern suche, die ich nicht spontan schmecke? bei freier assoziation in einer gruppe von weintrinkern werden die konträrsten und vielfältigsten geschmacksrichtungen und düfte genannt: was dem einen nach brombeeren schmeckt ist für die andere powidl - und das ist gut so! nichts finde ich witziger als Pronays riechfläschchen oder standardfloskeln in Weinkritiken, wie z. b. "feinmaschig". ich freue mich schon auf die erste weinverkostung , bei der "umami" geschmeckt wird.....

noapino, 14.05.05 @ 17:05

Große Sorge....
... erfüllt mich, wenn ich darüber sinniere, ob da nicht manch findiger Weinproduzent darauf kommen könnte, inkognito einen Asienshop aufzusuchen, das kostengünstig erhältliche weiße Pulver (nein, nicht DAS!) zu erwerben und ein wenig zu experimentieren.....

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