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Christoph Wagner's Weblog

26.10.05 @ 18:14

Weltmarktstrukturküche

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Auf der Frankfurter Buchmesse hatte ich wieder einmal Gelegenheit, mit dem von mir sehr verehrten Professor Rolf Schwendter zu plaudern, einem in Kassel lehrenden Philosophen und Devianzforscher („Theorie der Subkultur”, „Arme essen - Reiche speisen”), der nach „Schwendters Kochbuch” sein jüngstes Oeuvre unter dem Titel „Vergessene Wiener Küche” dem Thema „Kochen gegen den Zeitgeist” (Promedia-Verlag) gewidmet hat.

Schwendters Grundthese: Die sich zunehmend durchsetzende „Weltmarktstrukturküche führt zum systematischen Verschwinden der regionalen Küchen und katapultiert gleichzeitig so genanntes internationales Essen auf möglichst alle Speisepläne dieser Welt. Örtliche Kochkunst gerät dabei in Vergessenheit, Ingredienzien werden tabuisiert oder verboten, übrig bleiben folkloristische Versatzstücke."

Präziser kann man das nicht formulieren. Und wenn es zurzeit einen Küchentrend gibt, so lässt er sich am ehesten mit der fast kulturkämpferischen Stimmung umschreiben, mit welcher sich unter Köchen und Gourmets eine „Designer-Fraktion” unter dem Banner von Köchen wie Ferran Adrià und Heston Blumenthal einerseits und eine (im politischen Sinn ganz und gar nicht reaktionäre) „Retro-Fraktion" andererseits herausbildet, die noch nach Gallionsfiguren sucht.

Professor Schwendter, meine ich, wäre für eine solche bestens geeignet.

36 Kommentare | Kommentar abgeben

sonjaaa, 29.10.05 @ 11:51

nanana
Dass mir da nicht gleich der Kragen platzt! Eine solche Ablehnung der ganz Grossen ist schon ziemlich eigenartig - es kommt einer Ablehnung, bzw "Krankschreibung" von Leuten wie Platon, Nietzsche, Schiller, Einstein, Gandhi, Rodin,... gleich. Erinnert mich schon ein Bisserl an die alte These, dass Supermodels dumm weil schoen sein muessen, David Beckham schlecht spielt oder Rockmusik nur dann gut ist, wenn s kein anderer kennt. Was waere die Musik ohne den legendaeren Bruce Springsteen, den grossartigen David Bowie oder den umjubelten Mozart. Diese Leute waren und sind alle gross, und sie stehen noch dazu den Medienhype und alle Formen der Diplomatie durch, die sie als beruehmte Vertreter ihrer Zunft durchstehen muessen. Alles andere ist - mit Verlaub - entweder Kopie oder die Kaffee Alt Wien Variant: Was waer net aus mir g´worden, wenn net...

Oder um s vertraeglicher zu formulieren: H & M produziert, was Tom Ford, John Galliano oder Yoshi Yamamoto in der Saison davor mit sehr viel Muehe entwickelten.

Man mag von Adria halten was man will (ich selbst habe leider noch nie einen Tisch bekommen), aber er ist und bleibt einer derjenigen, die an Erneuerungen interessiert sind, Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen suchen und ihre Ideen mit viel Selbstvertrauen vertreten. Und das ist auch gut, fuer die gesamte kulinarische Landschaft!

Solche Leute mit Sportsklaven zu vergleichen ist nicht einmal mehr unhoeflich!

apicius, 29.10.05 @ 11:03

Gallionsfiguren und so...
... für Fundamentalisten sind das nur abschreckende Beispiele. Für das Foodmarketing Geldscheisser. Für mich sind solche Personen reine Vorzeigedeppen die sich damit ihr Privatleben versauern, auch Ausdruck einer "faschistoiden" Grundhaltung in der Wirtschaft. So wie ein Vorturner in der ehemaligen DDR oder in China. Diese Leute werden mit medialen Vergrößerungsgläsern aufgeblasen, bis sie wieder im eigenen Halo verschwinden.
Beispiel W. Siebeck: Wer ihn heuite liest und vor zehn Jahren das geglaubt hat was er dazumal schrieb muß sich veräppelt vorkommen.

Die "SUCHT" nach Neuem macht auch krank.

Minimalist, 28.10.05 @ 15:44

@apicius
in sweetened milk? da muss ich passen. Aber sonst liebe ich die Räucherheringe, vor allem zum Frühstück. Da muss ich aber nach Mittelengland. Ist in London nicht sooo einfach.
Aber vielleicht schaff ichs ins "St. John" (gleich neben dem "Smithfield" Fleischmarkt). Da gibts "Chitterlings" (mit Innereien gefüllter Darm) und Beef garantier 26 Tage abgehangen.
Übrigens, eine ehemalige Fleischhackerei, schneeweiss gestylt, ziemlich zeitgeistiges outfit, aber himmlische "Schweinereien".
100 m weiter ein Gascogner Feinkostladen mit üppigen Terrinen zum Frühstück.
Aber, fixe Reservierung im "The Red Fort", indisch.
http://www.redfort.co.uk/mains.htm

Ich liebe die Londoner Vielfalt

Noch eine persönliche Bemerkung. Sie sind sicher ein ausgezeichneter Koch. Aber ich bin ein hoffnungsloser Optimist. Und schrecklich grob. Deshalb haben wir es schwer miteinander.

apicius, 28.10.05 @ 15:02

minimalist..
... ich stelle eine fast 100 prozentige Übereinstimmung fest. Sie schreiben das nur viel besser als ich. Wenn der Mensch sich seine Freiheit bewahrt wird es Alles Immer geben. Essen Sie auch Kippers in sweetened milk?
Cheers!

Minimalist, 28.10.05 @ 12:59

@Hot-Volant
ich bin irgendwie froh, das mein Grossmutter nicht kochen wollte/konnte. Sie musste nämlich meinen Grossvater, einen Schriftsteller, ernähren
("Gott erhalte mir meine Kreativität und die Arbeitskraft meiner Frau").
Ich kann mich (deshalb?) immer noch freuen wie ein Kind, wenn ich eine neue Geschmackserfahrung erleben darf.

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