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Christoph Wagner's Weblog

31.10.05 @ 01:05

Endlich Tory!

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Zugegeben, ich habe Margaret Thatcher nie so übel gefunden, wie sich das für einen politisch korrekten Zeitgenossen gehört hätte. Aber mit den Tories habe ich abgesehen vom Pfeifenrauchen und Portweintrinken nie sympathisiert.

Seit heute bin ich Tory. Nicht einmal Tony Blairs unsägliche Irak-Politik konnte mich dazu machen, aber heute hat er´s geschafft. Wie ich www.orf.at/051030-92851/index.html entnehme, will Großbritannien Alkohol und "unsozialem Verhalten" in der Öffentlichkeit den Kampf ansagen. Geht es nach Plänen der Regierung Blair, soll das Trinken alkoholischer Getränke in Bahn und Bus bald verboten sein. Man wolle so verhindern, dass Fahrgäste durch betrunkene Randalierer belästigt würden, heißt es.”

Es ist, wie schon bei den Anti-Raucher-Kampagnen, wieder einmal dasselbe Lied. Man ortet einen objektiven Missstand (da mitrauchenmüssende Zeitgenossen, dort betrunkene und daher potenzeill sozialschädliche Fussball-Rowdies) und bekämpft ihn durch unreflektierten Radikal-Puritanismus (Rauchverbot, Alkoholverbot). Man beginnt mit so genannten „kleinen Schritten” (Nichtraucherzonen, in diesem Fall Trinken in Bus und Zug), hat aber schon die Pläne für die nächsten Schritte (absolutes Alkoholverbot am Arbeitsplatz, auf Flughäfen, Bahnhöfen, in Geschäften und irgendwann einmal wohl auch in Restaurants) in petto.

Es wird - ich wage das zu prophezeien - auch nicht mehr lange dauern, bis mit durchaus „vernünftigen” Argumenten den Übergewichtigen der Garaus gemacht wird. (Der erste Schritt begann vorige Woche schon mit der angeblichen Studie, Dicke bekämen heutzutage in EU-Europa keinen Arbeitsplatz mehr, weil man sie für faul und unzuverlässig halte. Wenn so etwas einmal oder öfter wo steht, wird´s irgendwann einmal auch wahr.) Da wir mit E-Cards zunehmend „vernetzter” werden, wird auch meine Horror-Vision, dass ich wie der Hans im Glück mit einer schönen Barbarieente unterm Arm zur Kasse vom Meinl am Graben gehe und mit der (bis dahin Credit-Card-fähigen oder auch -pflichtigen) E-Card bezahlen will, zunehmend realistischer: „Tut mir leid Herr Wagner, Sie nicht - bevor Ihre Krankenkasse nicht die Erlaubnis dazu erteilt hat.”

Erklärt mir jetzt bloß nicht, liebe SpeisingerInnen, das sei ja letztlich doch nur zu meinem Besten. Und werft mir bitte nicht vor, ich sei halt letztlich auch nur so ein verstockter Pessimist wie der diesbezüglich viel gescholtene Apicius (in Wahrheit bin ich eine Frohnatur wie Till Eulenspiegel, aber keine, die sich sehenden Auges die Schlinge um den Hals legen lässt.)

Vor allem aber bin ich seit heute Tory. Die britische Opposition ortete nämlich auf die Ankündigung des Kabinetts Blair immerhin tapfer einen „weiteren Schritt hin zum Kindermädchen-Staat", den auch ich aus tiefster Seele fürchte und daher entschieden ablehne. Dass die Tories im selben Atemzug die Rückkehr zur von den Sozialdemokraten abgeschafften 23-Uhr-Sperrstunde in den Pubs forderten, mag ein kleiner Wermutstropfen sein. Aber als gestandener Tory geht man danach halt in seinen Club und säuft bis 3 Uhr früh weiter.

Das muss ich noch lernen.

31 Kommentare | Kommentar abgeben

karlheinz, 05.11.05 @ 01:06

fooddesign
das design ergibt sich normalerweise aus der essenz des objekts quasi von selbst.
mein innerer zustand bestimmt mein äußeres sein - angst lässt mich beschleunigen, laut pfeifen - ruhe schlendern, gelassen summen.
das design signalisiert somit die innere absicht des gerichts:
eine ordentliche scheibe fleisch, halb bedeckt von einem einfachen klacks von linsen: sättigung und (erwirkt durch molligen duft) wärme, heimat; ein kunstvoller turm von zutaten kontrastierender konsistenz: spannung, "intellektualität", urbane dynamik. nur beispiele, subjektiv aber wertungsfrei.

gemälde am teller (aber damit schweife ich eher vom thema ab) machen mich häufig skeptisch bezüglich des kulinarischen "sinnhalts" des gebotenen - selten spiegeln sie gekochte absicht wider, werden zu sich selbst bezweckenden kunstwerken.

sonjeeens designbezug zur konservierung lässt in mir unwillkürlich das bild eines alten dalmatinischen krska prsut aufkeimen: design als produkt eines notwendigen prozesses generiert wiederum hoffnungen bezüglich der oben erwähnten essenz des produkts, weckt erwartungen - wie weit entfernt die mögliche enttäuschung liegt, ist eine andere frage...
da bin ich froh, dass ich leute kenne, die noch immer mit aspik glacieren und auf naturidente verduftung des gebotenen im sinne eines ehrlichen kulinarischen korrelats verzichten.
was hoffentlich nicht auch einmal von irgendeiner regierung als unzumutbar für ihre bürger erkannt und verboten wird.

topchef, 04.11.05 @ 20:13

Konservierung ist wichtig, Transportfähigkeit auch..
In der heutigen Zeit ist es ja sehr wichtig Sachen lange aufzubewahren zu können. Es gibt Möglichkeiten der Anrichtung die sind sensationell, man galubt das nicht. Früher hat mann mit Aspick glaziert, heute gibts tolle Sprays. Die duften dann auch noch super.

sonjaaa, 04.11.05 @ 18:03

teutates der donnerer
tja, im kleinen gallischen dorf war alles etwas einfacher. die thesen find ich aber spannend und natuerlich stimme ich dem komplementaergedanken voll und ganz zu - diesem problem ist der architekt andauernd ausgeliefert: muessen wir uns doch staendig mit der mischung aus gefaengnis und wolke auseinandersetzen - coop himmelblau hat sich ja gerade selbst mit dem schutzschild fuer die kunst in muenchen ad absurdum gefuehrt!

in einem punkt stimme ich aber nicht zu: wir sind nicht das programm, sondern personalunion aus (hoffentlich) kritischem erneuerer und user eines systems. in diesem sinne betrachte ich das wort zivilcourage, nicht in jenem eines uebereifrigen wirtschaftliberalismus.

jetzt weiss ich nur nicht mehr, was das alles mit der guten alten kulinarik zu tun hat.

momentan frage ich mich aber auch:

was war zuerst da: der wille oder die notwendigkeit, nahrung zu gestalten? sprich: was ist der ursaechlichste grund fuer food design? (konservierung, transportfaehigkeit oder einfach die lust am gestalten) in diesem sinne wuerde ich mich ueber eine solche diskussionsrunde sehr freuen.

Minimalist, 04.11.05 @ 16:52

Das ideale Leben
Die beiden "göttlichen Roboter" Klapauzius und Trurl (St. Lem; "Robotermärchen") scheiterten an der Aufgabe ein ideales "Mikrövölkchen" (nur im Mikroskop zu sehen) zu erschaffen. Sie schafften eine wunderbare Parametrisierung, aber die Parametereinstellungen gingen ALLE daneben. Zu viel Agressivität, Freiheitsdrang,.... und alle haben sich gegenseitig umgebracht. Eine Prise Friedfertigkeit, Rücksichtnahme,.. zuviel und alle sind in Fadheit entschlafen
usf. usf. usf.

Es scheint mir aber noch bestürzender einfach: Freiheit und Sicherheit sind komplementär. Wo völlig uneingeschgränkte Freiheit ist gibt es keine Sicherheit und umgekehrt.

Paradox wird es, wenn "der Staat" nur all jene schützen möchte, welche sich nicht selbst schützen können. Denn dann darf er sich nicht selbst schützen.
(ein klassisches Russel'sches Paradoxon)
Das ist es aber was er unbedingt will. Ordnung. Sicherheit. Totale Sicherheit bedeutet aber Tod. Ebenso das Chaos. Totale Freiheit.

Mit der Meinungsfreiheit verhält es sich ähnlich.
Ein verleumderisches Wort zwischen die Schultern geklebt und das Opfer ist erledigt. Eine unterdrückte Meinung nicht gehört und ein ganzes Leben kann beim Teufel sein.

Teutates sei Dank: ich bin das Programm und nicht die ProgrammierIn.

sonjaaa, 04.11.05 @ 16:00

schade um das schoene thema - ein neuer versuch
vielleicht bringen wir den - recht schoenen - themenbereich wieder hin - und das fernab der, bislang auf speising unbekannten, unschoenen szenen von oben:

also auf s neue:

england und der liebe alkohol scheinen immer wieder die geister zu scheiden. und auch ich gebe zu, dass mir 12 monate als architekturstudent in london ziemlich an die substanz gingen. die alkoholexzesse, die jeden freitag ausschliesslich von meinen maennlichen kollegen (die maedels wurden ohne uebertreibung nach hause geschickt) betrieben wurden, standen mir schon nach dem zweiten mal - es war schlichtweg langweilig, sich unkultiviert dem bsuff hinzugeben.

doch cw s sorge um den kindermaedchenstaat teile ich genauso. ungern erinnere ich mich an einen beitrag im standard vor einigen monaten, der ein radikales rauchverbot in lokalen (wegen der arbeitsbedingungen fuer kellner) erwog. der text hielt sich zurueck, doch die onlinekommentare waren mehr als kraeftig. ausgerechnet im angeblich so li(e)beralen rosa blatt schrieben sich unzaehlige in ihrem wunsch nach harter antirauchergesetzgebung die finger wund. ist dieser ruf nach nannygesetzen nicht ein mangel an zivilcourage?? ich kenne nur wenige raucher, die auf mein bitten nicht sofort und mit entschuldigenden worten den stengel ausdaempfen. raucher sind keine unmenschen und ich glaube kaum, dass uns der staat vor ihnen schuetzen sollte. aehnliches gilt wohl auch fuer (gewaltlose) trinker und geniesser.

solange wir eine regel nicht aus gruenden gesellschaftlicher sicherheit nicht wirklich benoetigen - sollten s wir wohl lieber belassen und halt einen guten alten kelch mit worten ausfechten.

wie eben hier auf speising!

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