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Tischgespräche

15.12.06 @ 11:09

Flying Cooks

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Soeben lese ich im Standard die Meldung, dass Leonard Cernko Mörwalds Restaurant im Kloster Und verlässt, in die USA entfliegt. Es war ein durchaus ruhmreiches Jahr für ihn gewesen, er ist jung, und so muss man sagen: recht hat er. Allerdings zeigt dies auch ein wesentliches Problem der Spitzengastronomie: die fliegenden Köche.

Ob es nun junge, ehrgeizige, engagierte Menschen sind, die sich an diese Spitze gearbeitet haben und hinausgehen müssen, ob es zugekaufte namhafte Größen der Kochkunst sind (erinnert gerade dieses „Einkaufen” nicht stark an Fußball?): dauerhaft ist da wenig. Und der Gast, der sich gerade so schön an eine Küchenlinie gewöhnt hätte, sich hineinzufinden begann in neue Interpretationen, wird schon wieder zur Umgewöhnung gezwungen. Diese ständige Brechung der Identität eines Hauses, die ja auch in der obersten Klasse nicht ohne eine bestimmte Beständigkeit auskommen sollte, verwirrt, kostet Geld, nützt wem? Es sei denn, die Identität ist gewollt die des ständigen Wechsels, wie es im Salzburger Ikarus inszeniert und zelebriert wird.

Solche Meldungen jedenfalls, wie zum Beispiel auch das „Bäumchen-wechsel-dich”-Spiel, die Köche-Rochaden in Wien zu Beginn des Jahres, tragen wohl nicht dazu bei, Verständnis für die Topgastronomie zu entwickeln. Und so sehr ich die Atmosphäre eines von einem Koch-Namen getragenen Lokals zu schätzen vermag (am 1.November gerade erst erlebt in Und: ein herrlich sich in Unterwürfigkeit inszenierender Kellner zum beeindruckenden Cernko-Menü) – der Lieblingswirt, der durchaus auch zwischen zwei und drei Hauben-Qualität oszilliert, schenkt mir jene Durchgängigkeit und damit Wärme, die das Restauranterlebnis zu einem vollwertigen macht.

11 Kommentare | Kommentar abgeben

TomCool, 21.12.06 @ 15:41

nun ja
Das mag zwar richtig sein, doch ist der Stress in der Küche gepaart mit der Hitze des Gefechts aka Gasherd multipliziert mit den feinen Arbeitszeiten und dem selten geregelten Familienlben insgesamt meiner Meinung nach sehr wohl auch für Männer Schwerarbeit. WENN man schon so eine Liste macht.

PICCOLO, 21.12.06 @ 09:26

@Tom
Stell dir vor Du kommst mit 48 bis 55 Jahren in die Wechseljahre und arbeitest als Stubenmädchen oder Schwarzgeschirrabwäscherin in irgendeiner sagen wir mal nicht Nobelspelunke, wo alles auf den tollen Koch fixiert ist. Der C.W diniert jetzt, das Serviceteam in heller Aufregung, transpirierender Küchenchef, der mit seinem Schweiß ständig in ihrem Arbeitsbereich wie ein Herrscher - Kater markiert.....
und hat seine - siehe Speising Magazin Blog - zickige Freundin dabei, die ja wegen wieder etwas ganz anderes so zickig ist. Jetzt hebt diese den Teller auf und fühlt darunter ein "angewachsenes" etwas, das wie ein Nasenrammel (wienerisch für Popel) aussieht, oder sich anfühlt. Jessas Maria and Joseph! Da gehts dann in der Küche hoch her.
Die Abwäscherin kriegt einen außerordentlichen Schweissausbruch und Herzflattern --- das wollen wir doch als Schwerstarbeit gelten lassen. Und diese Situation ist nicht von weit hergeholt.

Die Frauen kommen in diese Lebensphase, und sehen sich gerade in unserer jugendorientierten Zeit noch anderen Problemen gegenüber: gescheiterte Beziehungen und vieles mehr.

TomCool, 20.12.06 @ 15:41

Nachtrag
Fühle mich diskriminiert.

Obwohl Männer so und so eine wesentlich kürzere Lebenserwartung haben und auch länger arbeiten müssen, sind nur die Frauen in der Gastronmie in der Schwerarbeiterliste zu finden.

Dienstleistungen (nur Frauen)

Küchengehilfin

Schwarzabwäscherin

Kellnerin

Köchin

Stubenfrau

PICCOLO, 20.12.06 @ 01:34

HumbleThanks!
Schauts liebe Leute, das Kochen ist die schnellste Kunst. Schon unsere Rohprodukte sind stehts in Gefahr von den ihnen innewohnenden Tachyonen zerschleudert zu werden. Sie verschlechtern sich Sekundlich. Es ist die pünktlichste Kunst dazu. Denn wie jammern denn die Feinspitze, wenn etwas zuviel oder zuwenig gegart wurde? Das zu würdigen müssen wir antreten, da werden wir natürlich einige Utopien die mit unserem Beruf zusammenhängen zertreten müssen. Sorry about that - then....

TomCool, 19.12.06 @ 15:01

Wahre Worte gelassen ausgesprochen..
Der Piccolo, der spricht gelassen aus, was andre nicht mal flüstern z'haus.

Es gab einmal eine Statistik, dernach die Köche nach den Bergarbeitern die zweitniedrigste Lebenserwartung hätten. Nun denn, wir wissen Statistiken lassen sich so einfach fälschen wie Dosen öffnen, und doch ist ein viel zu harter wahrer Kern darin. Nur all zu wenige, die diesen ehrenwerten Beruf erlernen, haben Kraft, Freude und Fähigkeit, diesen bis zur Pensionsreife auszuüben. Und wenn sie es tatsächlich bis zur Pension geschafft haben, kriegen sie keine, von der man leben könnte, weil sie ihr halbes Leben schwarz arbeiten mussten, weil die dummen wirten statt der Inflation angepasst die Preise zu erhöhen, Die ERhöhungen der Einkaufspreise über Schwarzverkäufe abgepuffert haben.

Einmal in diesem System, ist der Koch in einem Strudel, der nicht in den Backofen und später in ein Leckermäulchen führt, sondern ab in unendliche Tiefen, die ein ehrenwertes Leben am Lebensabend unmöglich machen. Traurig, aber wahr.

So geb ich dir recht, lieber Piccolo, und rufe stets alle Köche auf, Ihr Leben zu geniessen, doch die verwechseln leider allzuoft Genuss mit Fluss, und zwar von Alkohol, was widerum nicht gerade förderlich ist, wenn man gesund alt werden möchte.

Um als Koch in seinem Beruf alt werden zu können, gibt es nur ein Rezept: Man muss das Kochen an sich lieben und seine Kraft daraus schöpfen statt sie zu verbrauchen.

Leicht gesagt, schwer getan.

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