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Tischgespräche

09.02.07 @ 10:59

HerdHeimchen

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Männer dürfen. Wann immer sie wollen. Frauen müssen. Täglich. Kochen. Bei allen auch mir bekannten Ausnahmen – so ist die Hauptverteilung. Das verändert Kochgewohnheiten. Und verlagert das Zelebrieren hin zum Mann. Wie im vorhergehenden Thread zu lesen war, macht das auch vor Profiköchen am Herd daheim nicht halt. Obwohl ich auch jene Köche kenne, die zu Hause das Tagwerk verständlicherweise nur zu gern in die Hände der Frau legen und die „Bescheidenheit” aus der Hand des Heimchens am Herd sehr genießen. (Bitte alle Begriffe mit dem nötigen ironischen Unterton zu lesen!). All die Kapriolen und Handstände und Überschläge der Gelegenheits-Kochkünstler daheim aber würden in der Banalität einer alltäglichen Durchführung wohl etwas blasser aussehen. Und bevor Sie aufschreien: Ja, auch ich kenne jene passionierten Frauen, die ihren Lieben trotz eigener beruflicher Tätigkeit nie was Schlechteres vorsetzen, als Sie es für Gäste tun würden. Aber so ein Durchhalten in Anspruch und Stil, stelle ich mir vor, bedarf schon eines kontinuierlichen Aufwandes, der einem die häufige Zeremonie wert sein muss.

Umso mehr genieße ich jene zwei bis dreimal wöchentlich stattfindenden Einladungen zum Privatessen, das nicht nur durch seine sorgfältige Qualität von Produkten wie Zubereitung mir zum Maßstab wurde, sondern auch durch die Form der Präsentation, wie sie im öffentlichen Restaurant unter „Service” subsumiert wird. Da sind: der perfekt gedeckte Tisch mit Platzteller, Stoff- und Papierserviette, passendem Besteck – meist aus Silber, zum Wein passenden Gläsern. Kerzenbeleuchtung. Die Teller sind vorgewärmt, bei Muscheln oder Garnelen gibt es die Fingerschale. Der Nachschlag kommt auf frische Teller, selbstverständlich ebenso vorgewärmt. Auch das Besteck wird dabei ausgetauscht. Und wenn ich mal anmerke, dass ein solcher Aufwand doch nicht jedes mal notwendig sei, erhalte ich ein unmissverständliches „Doch, das ist ist es wert”. Wobei ich auch feststellen muss, dass alles so rasch und leichtfüßig und unauffällig und selbstverständlich vonstatten geht, als wären Heinzelmännchen am Werk. Dabei ist es einfach ein sehr geübtes männliches Heimchen.



[kubse, übernehmen Sie. Bevor sich sich an den Slalomstangen aufspießen!]

54 Kommentare | Kommentar abgeben

kubse, 12.02.07 @ 00:00

Und damit...
...schließt sich für mich ein kleiner Kreis feiner Gedanken. Weil in dem Moment, wo wir im Tun verharren, wo wir aufhören Umstände zu vergleichen, wo wir uns nimmer über Vergangenes ärgern oder Kommendes fürchten, kommt unsere Seele zu Wort, wird unser Handeln Dankbarkeit, verwachsen wir mit unserem Ursprung und tun nur noch eines: leben. Dann kann uns auch kein Gegenwind mehr das Gehirn durchblasen.

Und dann wacht sogar Dornröschen freiwillig auf ;-)

mazi, 11.02.07 @ 23:19

Noch was...
..., um die Schwere der letzten Worte zu relativieren: ich habe mal in den Ferien als Zofe in einem gräflichen Haushalt gearbeitet (wunderbar, wirklich! Ich wollte sogar von selbst nur schwarze Röcke und weiße Blusen anziehen;-)), und da gab es eine Grafenköchin, die Resi, die genau so ein Unikat war wie ihr Holz-Ofen.

Egal, ob wir Wildschweinbraten (die ganze, vom Junggrafen geschossene Sau hatten wir vorher in stundenlanger Arbeit zerlegt...) oder Anisplätzchen fabrizierten, es schmeckte immer fantastisch. Und obwohl die Resi mit ihren damals über 75 Jahren es bestimmt nicht not gehabt hätte, fragte sie mich immer auch um meine Meinung zum Geschmack und experimentierte fröhlich drauf los. Also lebenslanges Lernen, ohne andere zum Dienen zu zwingen.

Als Resi in Pension ging, wurde auch die Küche samt Herd modernisiert - und viel, viel Seele ging damit verloren...

mazi, 11.02.07 @ 22:50

Seele
Piccolo, da muss man nicht mal zwischen den Zeilen lesen. Alles, was einem heilig ist am Kochen, am Slow-Food, ist in diesem Kommentar drinnen. Es braucht nicht nur die Liebe zum, es braucht auch die Ausdauer beim Kochen um zu einer Meisterschaft zu gelangen, die jenseits des ganzen Gigi-Hauben-Koch-Getues liegt. Und der genießende Gast merkt sehr schnell, ob mit Liebe und Erfahrung gekocht oder nur lieblos und mit Routine ein Essen zubereitet wird.
Den Herd als Verlängerung des Frauenkörpers zu sehen, finde ich zwar ein wenig zu pathetisch, aber es gefällt mir auch irgendwie. Allerdings würde ich einfach die Verlängerung des menschlichen Körpers schreiben.

Wie schon weiter oben gepostet: ich glaube daran, dass die Kochkunst (und ich meine tatsächlich die KUNST) unabhängig vom Geschlecht ist. Was zählt, ist die Seele dabei. Dass man selbst noch genießen kann, was man da macht - sei es ein Faschiertes oder ein Hirschbraten, Topfennockerl oder schlichtes Brot. Seelenloses Kochen erleben wir nicht nur im McDo... (und wenn man Spongebob zuschaut, wie DER einen Krabbenburger zubereitet, wie viel Liebe und Leidenschaft da hineinfließt, ist auch Fastfood nicht mehr seelenlos. Eine Ehrenrettung des Burgers sozusagen...)

Wenn man es genau betrachtet, kommt man drauf, dass es eigentlich genau darum geht, in jedem Beruf, bei jeder Tätigkeit, bei jedem Ausruhen: Seele. Wo die fehlt, ist alles gleichförmig, kalt, austauschbar. Einzigartig machen wir es. Wenn wir Seele zeigen. Beim Kochen, beim Musizieren, beim Sein.

Das war das Wort zum Sonntag von mazi.
Bevor's zu pathetisch von meiner Seite wird: Amen:-) (Ich hätte doch Theologie studieren sollen. Moment, hab ich ja...)

5622, 11.02.07 @ 22:25

eh klar
typisch piccolo: da schreibt er drei tage lang gar nix und dann tuscht er wieder einen satz wie in granit gemeißelt ins netz. kompliment alter meister. alles ist gesagt. neues thema bitte frau ad...

und piccolo: freu mich schon auf die turopolje-sau, die mein hausväterchen morgen ins rohr schiebt (des schreib i nur, damit dem kubse das wasser im mund zusammenläuft). bis morgen meister...

dfw, 11.02.07 @ 22:11

Korrektur
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