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Christoph Wagner's Weblog
16.12.05 @ 00:51
Genug der Hauben
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So wichtig sind sie auch wieder nicht. Viel wichtiger ist, dass die gastronomische Grundversorgung funktioniert. Habe gerade eine längere Tour rund um Wien” hinter mir und bekam einen wunderschönen, halb gebratenen, halb geschmorten Fasan beim Goldenen Bründl in Oberrohrbach, ein saftiges Wildschweinkotelett beim „Grünen Baum” in Zistersdorf, eine wunderbare hausgemachte Blunzen und Leberwurst bei der „Linde” in Mistelbach, eine saftig-sündige Kardinalschnitte beim „Neunläuf” in Hobersdorf, ein gar deliziöses Schulterscherzerl in Gruber´s Wirtshaus in Stockerau (überhaupt ein Geheimtipp), einen saftig-pikanten Waller beim „Kaiser Probus” in Prellenkirchen, ein phantastisches Krenfleisch (nebst Erdäpfelsuppe) beim Grasl in Felixdorf, einen ausdrucksstarken Ochsenschwanz im Leisserhof in Donnerskirchen, eine hervorragende Kuttelsuppe beim Apfelwirt in Miesenbach, einen idealtypischen gebackenen Kalbskopf bei den „Zwei Linden” in Hohenau und ein mollig-zartes gefülltes Kaninchen beim Kalteis in Kirchberg an der Pielach.
Durchwegs sympathische Wirtshäuser, durchwegs nette Leut´ und durchwegs eine überraschende, mitunter sogar überraschend hohe Weinkultur.
Sage niemand, es sei schlecht essen heutzutage, rund um Wien.
28 Kommentare | Kommentar abgeben
ChristophWagner, 17.12.05 @ 09:14
Unwortklauber
Pardon: Es handelt sich nicht um Unworte (im Sinne des Unworts zum Sonntag), von denen wir reden (oder wenn wir präzis sein wollen: schreiben), sondern um Unwörter. Da hat sich in der Tat auch eine Art von mitunter etwas naseweiser Unwortklauberei entwickelt, die einerseits heilsam, andererseits, um zwei andere Unwörter aus dem Kulturbetrieb zu gebrauchen, auch verstörend oder irritierend ist.
Grundsätzlich gehen die Unwortklauber davon aus, die Sprache sei ein genau definierter Komplex, aus dem auszuscheren eine Unart (bis hin zum Unwort) sei. Sie ist jedoch, ganz im Gegenteil, ein Lebewesen wie jedes andere auch und als solches vor Weiterentwicklung ebensowenig gefeit wie vor Tumoren und Metasthasen.
Allein: DIe Lebewesen mögen absterben, die Gattung selber überlebt´s erfahrungsgemäß: Sonst würden wir, aller Unwörter zum Trotz, heute wohl noch althochdeutsch oder gotisch sprechen.
Und das Wort „Schweigekanzler" wäre womöglich nie geprägt worden. Was schade wäre. Weil´s, zumindest im gegenständlichen Fall, ziemlich treffend ist.
P.S.: Auch ich finde die übertriebene Anwendung von aus der Kulturkritik entlehnten Begriffen wie „ausdruckstark" in der Küche inflationär. Wenn man das Wort Kochkunst ernst nimmt, kann eine Sauce aber grundsätzlich ebenso audrucksstark sein wie ein Pas-de-deux im Ballett.
alma, 17.12.05 @ 08:35
Unworte
Die Wortklauberei um den Ochsenschwanz (danke für den Tipp, ich werde auf Kalbinnen bestehen in Zukunft!) -
[Einschub: natürlich ging ich davon aus, dass es die Euphorie der mannigfaltigen Sinneseindrücke im Umland von Wien war, die diesen und einen anderen Ausrutscher verursachte] -
die Ausdrucksstärke der Sprache also brachte mich zu den Kapriolen, die dann solche auch zu schlagen imstande ist, wenn es um Essenskritik geht: der Fundus, auf den Tester gerne zurückgreifen, beinhaltet neben "ausdrucksstark" eben gerne auch "idealtypisch" u.v.a., deren Aufzählung ich der fundierten Leseerfahrung der Speisinger überlasse. Für sich keine bösen Worte, in der verkürzten Fassung im Zusammenhang einer Kritik aber leider meist inhaltsleer, wie es aber auch in anderen Bereichen gerne der Fall ist - siehe die Wahl zum Wort/Unwort des Jahres. Ich warte ja noch auf das "nachhaltige" Carpaccio und die "aussagekräftige" Consommée ...
Wenn es etwas gibt, was Wirtshäuser außer ihrer guten, geraden Küche noch auszeichnet, so ist es gerade der Umstand, dass ihnen Wort-Behübschungen oder -Verumglimpfungen erspart bleiben.
(zu Guttmann: dann wurde mir offenbar Falsches zugetragen, sorry)
ChristophWagner, 17.12.05 @ 01:10
Ochsenschwanz und Ausdrucksschwächen
Ich muss mich koririgieren. Selbstverständlich war der Ausdruck nicht im Ochsenschwanz, der ja naturgemäß ausgelaugt und daher ausdruckslos war. Wennschon Ausdruck, so war derselbe in der Sauce (die ist glaube ich auch der Schulterkiller), für deren Beschreibung mir (man bedenke die späte Stunde) offenbar ein besserer Ausdruck als ausdrucksstark gefehlt hat. Bevor ich noch so einen Fauxpas begehe, mache ich mir von diesem Text jetzt aber sicherheitshalber einmal einen Ausdruck.... oder ich frage den Thesaurus.
ad Umkreis: Habe einfach einen Zirkel genommen und ihn in den Stefansdom gestochen. Alles, was in einen Kreis von maßstabgetreuen 80 km hineingeht, ist im Buch drin. Alles andere leider nicht, sonst würde „Wo isst Österreich?" daraus werden (in dem der Guttmann übrigens keinesfalls vergessen wurde, sondern absolut wohl gelitten ist.)
PICCOLO, 16.12.05 @ 22:28
@alma - ausdrucks - stark
..einen Ochsenschwanz am Teller gibts ja eigentlich nicht. Es sind ja Stückelchen.. Daher muß sich ein Koch zusammenreissen, dass eine Scheibe davon so gut schmeckt dass man es "Schwanz" nennen kann.
Und wiederum etwas für starke Frauen in einem guten Wirtshaus, wenn sie "bedeutend" bestellt: "Ich möchte den Schwanz, kann aber gerne auch von der Kuh sein". Denn Ochsenschwänze sind meißtens die Besten von einer jungen Kalbin. die besten aus einem Stall mit vielen Fliegen... Denn des Ochsenschwanzes Trainer ist die Fliege. Ich schätze diese Tiere aber nur zu diesem Grunde...
Es ist eines meiner absoluten Lieblingsgerichte, das Gluten darin macht mir nichts aus , die Schulterschmerzen von einigen Scheiben Ochsenschwanz mit gutem Milchpolenta dabei, trägt man wie einen Orden...
alma, 16.12.05 @ 21:39
wie weit reicht ...
...rund um Wien?
Guttmann in Zöbing wär eins von den guten Wirtshäusern, gern übersehen. Mit viel und gutem Wein. Ich weiß allerdings nicht, ob sie auch über einen "ausdrucksstarken" Ochsenschwanz verfügen ;-) ...

--- 04.09.18 @ 20:56
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