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Tischgespräche
15.03.07 @ 17:54
Schaumschlägereien
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Diesmal gibt es wieder was zum Anhalten, auch wenns im Grunde aus viel Luftigkeit besteht. Denn wie im vorhergehenden Thread zu beobachten war, scheint der harmlose Schaum doch ein solches Reizwort zu sein, dass manch einem der gern der Schaum aus dem eigenen Mund quellen tät. Ich hab selber keine große Freude an diesen weißen Bläschen, die nunmehr überall auf Fischen und dunklen Soßen zu schweben kommen, die angeblich Geschmack enthalten und doch meist nur Luftblasenzutat fürs Auge sind. Trägt man derzeit, so kommt es mir vor, wie einstmals die Pflichtdekoration „Rote Paprikastreifen”. Dass derlei Schaumgeschlage auch noch für Wettbewerbe, in denen sich Jugend beweisen soll, propagiert wird, beinhaltet schon die Gefahr zur Effekthascheri anstatt ernsthafter Auseinandersetzung mit Aggregatszuständen. Da ist der Schritt zum „geschäftlichen Kalkül” (Zitat piccolo) ein kleiner. Hip – hopp – isi. Aber nicht immer ist das, was journalistisch als molekulares Erlebnis verkauft wird, auch tatsächlich eines. Bei Andreas Döllerer etwa scheint mir der Milchschaum, der auf dem Ananasraviolo liegt, eher ein Zitat aus der Wiener Kaffeehausküche. Und wenn ein anderer ein anständiges Wasserglas mit brauner Masse füllt, dass es ausschaut wie flaumige Hundstrümmerl, sich aber als meisterlich gekonnter espuma der El Bulli-Schule entpuppt und berückende Aromenintensität von Kaffee und Madagaskar-Schokolade enthält, dann ist das für mich ein freches Augenzwinkern: „Seht her, ich kanns, aber ich spiel trotzdem nicht mit, dafür wohl mit euch”. Daran hab ich dann freilich meine Freude, denn Viel und Nichts gleichzeitig im Mund zu haben ist schon ein iriritierend-reizvolles Erlebnis.
61 Kommentare | Kommentar abgeben
TomCool, 16.03.07 @ 08:54
Kunst kommt von Können
Kochen ist Kunst.
Kochkunst ist Kultur.
Kunstkochen ist moderne Kunst.
Aber ist Kunstkochen kochen?
Oder ist die Kochlehre bei El Bulli doch ein Chemiestudium?
Ist Ferran Adria Küchenchef oder Chemieprofessor? Oder beides? Kochen ist viel Chemie. Kochen ist viel Physik. Kochen ist viel Emotion. Kochen kann man fürs Überleben. Kochen kann man aber auch fürs Leben. Und fürs Leben gern.
Kochen kann man für den Magen. Oder für den Gaumen. Oder fürs Auge. Oder für die Finger. Oder für alles zusammen.
Oder für alles gegeneinander. Wenn das Auge etwas anderes wahrnimmt als der Gaumen. Der Gaumen etwas anderes als der Magen. Der Geist getäuscht wird.
Große Oper: Wir gehen in La Traviata und hören La Traviata!
Großes Kino: Wir gehen in den neuen James Bond und sehen James Bond.
Große Küche: Wir bestellen uns Fisch, sehen Gemüse, essen aber Fleisch?
Kochen kann er. In Chemie kennt er sich auch aus. Am Besten kann er Geld verdienen. Und das ist gut und schön so.
Denn Geld verdienen wollen alle. Und so haben viele Motivation ihm nachzueifern und wir bekommen Nachwuchs. Wenn sie erkennen, dass nur der eine das Original ist, besinnen sie sich auf das Wesentliche, versuchen selber Original zu werden.
Phasen der Selbstfindung.
Kunst kommt von Können.
Können kommt von Lernen.
Lernen kommt vom Tun.
Sie tun, sie lernen, sie werden können.
DANN kommt die Kunst zurück und sie werden eigenes schaffen.
DAS wird ein Spaß!!!
kubse, 16.03.07 @ 01:36
;-)
Hast recht...
PICCOLO, 16.03.07 @ 01:23
@wo schimpf ich denn?
Ich teile kostenlose Ratschläge aus. Zur Kunst braucht´s auch einen freien Geist. Ich versuche die Geister zu befreien.. ;-). Die Vielen und die Einen, Vielfalt und Einfalt usw.. ein Einfaltspinsel wird jeden Tag geboren.. usw,,, so spinne ich dahin und schaue in den Gulaschspiegel. Es wird immer viel geglaubt und oft zu wenig gewußt. Ich schließe mich in die Sachen mit ein. Ein Narr mehr, was soll´s ... Ich gebe mir jetzt selber eine Watschen... Schaumgebremst.
kubse, 16.03.07 @ 01:06
Lieber Piccolo!
Alter Fuchs, du weißt, welche Probleme ich mit den Chichis hab, wenn sie eine gewisse Wichtigkeit und Preisklasse überschreiten (siehe Hanner). Aber ich denke, jeder soll selber seinen Weg suchen, und ich an deiner Stelle wäre froh und von Herzen dankbar, den eigenen so klar gefunden zu haben - ein seltenes geschenk! Musst doch echt nicht immer über alle drüber fahren, die sich der Sternesucherei verschrieben haben - du hast deine Sterne im Leben gefunden, das du führst. Lass sie probieren. Wenn es wen gibt, der das zahlt und trotzdem genießt? Oder ich bin einfach nur spießig. Aber du auch, wenn du sie schimpfst, denk dran: Menschen sind verschieden. Auch Köche ;-)
PICCOLO, 16.03.07 @ 00:18
@ Viel und Nichts.
Es soll Sachen geben, da hat man Zutritt – nur durch die Wand. Man forscht sich selber nach und kommt drauf was für eine Armseligkeit in vielen Dingen des Berufs man schließlich doch ist. Weil man Vieles tun muss um der Außenwelt Willen. Ich aber doch ein bißchen weniger.
Nichts im Vergleich mit den Gralshütern der Kochkunst unserer Zeit, diese erscheinen mir unfrei und knechtisch, alleingelassene, verlassene, zum Teil schon schrecklich verwahrloste Ritter an einsamen Gestaden unter den unbarmherzigen Gestirnen. Getrieben von subtilen Mächten mit wenig Logik ausgestattet...
Aber sie legen die Latte für den Rest der Meute welche ihnen folgt hoch und höher. Die Kundschaft erwartet sich das bei Döllerer, Hanner und Co! Der kann gar nicht anders. Wenn dort der Vergleich mit einem im Sinn des Gastes Gleichwertigen aus dem Feinschmeckerclan nicht klappt, geht der glatt nicht mehr hin. Da kann er dann eine Sportlerkneipe aufmachen, da kommt dann auch Keiner ...
So entsteht der Schaum liebe Freunde.
Das Grundproblem ist und es entschuldigt Vieles, dem Gewerbekoch fehlte immer schon die „Natur”. Seine Kunst ist wie eine schöne Blume in der Vase auf einem Tisch weit weg von Grund und Boden. Ja selbst die Blume ist kein Vergissmeinicht. Sie muß eine Orchidee sein aus Israel.
Weitgehend sind bezeichnenderweise große Köche doch noch immer nicht in der Lage einem essbaren Gegenstand die minimale Anforderung für den unschädlichen Verzehr beizubringen: Keine Irritation im aufnehmenden Organismus. Essen das glatt durch den Leib geht und reine Formerstattung im Sinner der Naturgesetze ist.
Der Koch muß nicht seiner Frau, sondern dem Falstaff Leser gefallen.
Ich erinnere: Meister "Gustl" Escoffier hat jeden Gast unbedingt total kennen gewollt! Warum wohl? Weil ein übler Furz nach einem Essen oft schon dem Koch angelastet wurde! Da lesen moderne Köche immer drüber.
Das Gerede über die totale Ausreizung des Geschmacks ist nur die Übermalung eines anderen Axioms: Die Ausreizung des teuren Rohstoffs, den man dem Gast eigentlich gar nicht gönnt. Dazu hat man Zentrifugen und Zerstäuber usw. Da wird aus einer Marioni fünf Schälchen Kastanien „Schaumi”. Den überfetteten Fresspäpsten mag das recht sein, für Bauchspeicheldrüse und Magen ein Schritt weiter zur chronischen Gastritis. Nebenbei habe ich gelesen, dass eben die Milch ein sehr gefährliches Produkt im Zusammenhang mit Fleisch und Fisch ist, das bei entsprechender „Prozessierung” schwere Allergien auslöst..

--- 04.09.18 @ 20:56
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--- 04.11.17 @ 09:30
Über würdige, reife Weine / schischi: Mein persönliches Highlight - Uns hatte einmal ein Winzer, das muss so um 2010 gewesen sein, einen Weißwein... [mehr]
--- 09.10.17 @ 20:27
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--- 18.04.17 @ 12:49
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--- 13.10.16 @ 13:42
Rauf die Preise! / Meidlinger12: Beisl - z.b. das Quell kann noch immer das große Gulasch um 6,90 anbieten. Muß aber... [mehr]

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